Psychologie in Gütersloh, Reaktanz und Akzeptanz bei Reaktanten, Akzeptanten, Reaktonkeln und Akzeptonkeln
Reaktanz ist ein tragisches und schwieriges Phänomen … offenbar gibt es aber keine Lösung dafür, bestenfalls Linderung. Es fehlen aber in der Literatur einige Aspekte. Reaktanz tritt beispielsweise oft dann nicht auf, wenn der Proband das tun soll, was er sowieso tun will. Sie kann in solchen Konstellationen dennoch auftreten, wenn der Proband das Gefühl bekommt, etwas tun zu sollen, was er tun will, aber das dann nicht mehr aus vermeintlich eigenem Willen zu tun, sondern plötzlich deshalb zu tun, weil er es nun tun soll. Dann will er es unter Umständen auf einmal nicht mehr tun. Insofern gibt es wohl keine Pauschalen Strategien und Taktiken, um Reaktanz zu handhaben.
Eine wünschenswerte Lösung
Die wünschenswerte Lösung des Problems wäre Einsicht, denn Einsicht ist eine Form von Akzeptanz. Eine nicht wünschenswerte Lösung ist Toleranz, also Hinnahme oder Duldung.
Ursachen für Reaktanz
Reaktanz kann eine Folge von Kognitiver Dissonanz sein, Letztere kann aber auch die Ursache für Reaktanz sein. Allerdings ist es so: Wenn der Proband das tun soll, was er tun will, weil er es tun muss, dann führt das zu dem bekannten Phänomen des nach oben Buckelns und nach unten Tretens. Damit wird die Kognitive Dissonanz beseitigt (oder gemildert). Denn der Proband weiß natürlich unbewusst, dass er das Gewünschte (oder Verlangte) tun muss (also sowieso keine Freiheit der Wahl hat).
Es kommt freilich auch vor – etwa in der Verkaufspsychologie oder bei Kindern und (geistig) Junggebliebenen – dass sie etwas tun (oder meinen) sollen, was sie gar nicht tun wollen oder von dem sie gar nichts wussten. Und dann wollen sie genau das auf einmal »erst Recht« tun. Obwohl es völlig sinnlos oder gar falsch ist.
Umgekehrte Psychologie
Leider betrifft das Thema natürlich auch die »Umgekehrte Psychologie« – wenn man quasi durch gegenteilige Forderung Reaktanz hervorzurufen versucht, die dann das Gewünschte erzielen soll, wird das auch nur bedingt funktionieren, vor allem dann, wenn der Proband das Gewünschte einfach nicht will und das (angeblich Gewünschte – also das Umgekehrte) sowieso will – dann bestätigt man ihn nur in seinem Verhalten. Was nicht unproblematisch ist. Es gibt paradoxe Strategien, die aber der Proband selbst vollziehen muss. Beispielsweise, sich bei Schlaflosigkeit dazu zu zwingen, wachzubleiben. Das kann funktionieren. Es gibt auch die »Provokante Strategie«, die aber auch zum unerwünschten gegenteiligen Ergebnis führen kann. Dabei wird die Reaktanz des Probanden quasi lächerlich gemacht, sodass dem Probanden klarwird, dass sein reaktantes Verhalten völlig irrational ist. Das ist aber eben riskant. Es kann hilfreich sein, aber auch alles noch schlimmer machen. Womöglich fühlt sich der Proband dann persönlich angegriffen.
Ignoranz
Es kommt darüber hinaus vor, dass Reaktanz stattfindet, obwohl dem Probanden das gewünschte Verhalten eigentlich völlig egal ist, obwohl es für ihn überhaupt keine Rolle spielt, oder obwohl es eigentlich stattfinden muss (etwa weil es gesetzlich vorgeschrieben ist). Bekannt ist das Phänomen etwa dergestalt, dass es dann »ums Prinzip geht«.
Akzeptanz statt Reaktanz
Akzeptanz ist das Antonym zu Reaktanz und kein Problem (sie ist das Ziel jeglicher Psychotherapie). In der Kunst und Kultur, aber auch in der Lebensrealität (in der Psychologie oft lakonisch als »Lebensvollzug« bezeichnet) sind beide Phänomene bekannt. Beispiele sind der Spruch von Karl Valentin: »Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es trotzdem«. Oder Tom Sawyer, als er zur Strafe den Zaun streichen muss, und sich selbst beziehungsweise seinem Freund Ben einredet, ihn nicht streichen zu müssen, sondern streichen zu dürfen, und dann Ben durch geschickte Manipulation dazu bringt, ihn streichen zu wollen. Bei Apparatschiks wird Reaktanz in der Regel dadurch vermieden, dass ihnen die Option gegeben wird, ihrerseits anderen ihren Willen zu oktroyieren. Oder als Ausgleich andere, die ihnen ein Verhalten (oder eine Meinung) oktroyieren wollen, einfach ignorieren.
Nichts »Schlechtes« per se
Reaktanz ist nicht unbedingt »schlecht«. Sie kann auch »gut« und hilfreich sein. Etwa wenn das »Gesollte« absolut falsch ist. Historische Beispiele sind bekannt. Wobei unter Umständen unklar ist, ob es sich um Reaktanz handelt, oder um andere Phänomene wie Anstand, Klugheit, Weisheit, »Respekt«, Konformismus, NonÂkonÂformismus oder ähnliche Dinge.
Reaktanz ist etwa auch dann legitim, wenn sie sich gegen ein Verhalten wendet, das nicht hinnehmbar ist. Das können beispielsweise Gesetzesverstöße, Unrecht oder Ungerechtigkeiten sein. Verleumdungen zu tolerieren würde auch ein Element der Herablassung beinhalten. Letztlich zeigt man durch Reaktanz in Form von Anzeigen, Strafanträgen oder Abmahnungen in solchen Fällen, dass man das Gegenüber ernstnimmt und »respektiert« (auch wenn das umgekehrt nicht der Fall sein mag) …
Betroffene
Von Reaktanz sind in Erster Linie Menschen mit Egoproblemen oder latenten Minderwertigkeitskomplexen betroffen. Sie ist freilich dann wünschenswert, wenn ein Verhalten gefordert wird – ob lediglich vermeintlich oder tatsächlich – das unzulässig wäre. Sie ist ebenfalls dann legitim, wenn es keinen anderen Weg gibt, wenn Betroffene beispielsweise aus Sturheit keine Goldenen Brücken beschreiten wollen und alles per se ablehnen.
Undank
Undank ist ein Reaktanzphänomen. Manche sagen das offen, man muss nur hinhören: »[…] um nicht danke sagen zu müssen!« … tja. Sie glauben, danke sagen zu müssen … tun es aber sowieso nicht, haben es nicht getan, hätten es auch nicht getan … und suchen nur ein Haar in der Suppe, um diese Rationalisierung zu realisieren.
Manche werden dann offen aggressiv, andere reagieren passiv aggressiv, wieder andere verdeckt aggressiv, manche reagieren auch mit aktiver oder passiver Ignoranz.
Nicht umsonst heißt es, Undank sei der Welten Lohn.
Der Volksmund glaubt zu wissen, was nichts kostet, sei auch nichts. Das ist Quatsch (siehe »Freibier«). Es geht um Reaktanz. Und so geben manche Leute (»Sorte«) lieber Geld für Fragwürdiges aus, als etwas Vernünftiges geschenkt zu nehmen.
Zum Beispiel begab sich dieser Dialog: »Gibt es das Buch noch gedruckt?« … »Ja, dort müssten noch reichlich Bücher sein, die wurden dort in Kommission abgegeben. Hol Dir eins, ich schenke es Dir« … nie wieder etwas davon gehört – weder vom Beschenkten, noch vom Kommissionär … auch keine Rückfrage vom Kommissionär: »Ist das richtig, dass der das gratis bekommt?« … da könnte also jeder hingehen? Oder wie ist das zu verstehen? Bei einem anderen Kommissionär stellte sich heraus, dass fast alle Bücher verkauft worden waren, die Verkäufe aber unterschlagen wurden. Das Ergebnis waren Beschimpfungen … aber nicht der Kommissionär wurde beschimpft, sondern der Kommissionsgeber …
Zitate
»Nobody trashes your name better than someone who's afraid you'll tell people the truth« … »Nichts macht Leute rasender, als wenn man sagt, was sie getan haben« (und zwar gilt das im Guten wie im Schlechten – wenn es Gutes ist, werden sie größenwahnsinnig, wenn es Schlechtes ist, werden sie tobsüchtig) …
tbc with Demütigung, Aktanz, Mäeutik …