Soroptimistinnen Gütersloh: der alltägliche Mord – Mahnaktion gegen Femizide, 23. November 2024

  • Soroptimistinnen setzen mit Netzwerkpartnerinnen Zeichen gegen Gewalt an Frauen

Gütersloh, 15. November 2024

Pumps und Pantoletten, Sneakers und Sportschuhe – 155 Paar Frauenschuhe haben die Gütersloher #Soroptimistinnen mit leuchtend orangefarbener Sprühkreide eingefärbt. Vorbereitungen für eine ganz besondere Installation und Aktion, die sich am Samstag, 23. November 2024, von 10 bis 14 Uhr, durch die Gütersloher #Fußgängerzone ziehen wird. Anlässlich der weltweiten #UN Kampagne »Orange The World« wollen die Soroptimistinnen einmal mehr vor Ort und zusammen mit ihren Netzwerkpartnerinnen ein sichtbares Zeichen setzen, informieren und die Beendigung der Gewalt gegen Frauen fordern. Denn jedes der 155 Schuhpaare steht für einen im Jahr 2023 begangenen Femizid in Deutschland. Für 155 von ihren (Ex-)Partnern getötete Frauen – nur weil sie Frauen sind. 

»Femizide sind die Spitze des Eisbergs wenn es um Gewalt gegen Frauen geht«, erklärt Projektleiterin Katja Soehnle Miele das Engagement des Gütersloher SI Clubs, der sich seit seiner Gründung 2008 für die Verbesserung der Lebenssituation von Frauen und Mädchen einsetzt. »Weltweit wird alle elf Minuten, in Deutschland nahezu jeden dritten Tag eine Frau von ihrem (Ex-)Partner getötet – aus Besitz , Dominanz oder Kontrollansprüchen.« Es gibt auf internationaler Ebene prominente Opfer wie die afrikanische Olympia Langstreckenläuferin Rebecca Cheptegei, die Ende August von ihrem kenianischen Ex Freund mit Benzin übergossen und angezündet wurde. Und es gibt Opfer in direkter Nachbarschaft wie der Mordfall Marion S. aus Steinhagen belegt. Femizide kommen in allen sozialen Schichten vor, sind unabhängig von Nationalität, Glaube, Einkommen, Beruf oder Bildungsstand.

»Dabei verschleiert die mediale Darstellung solcher Verbrechen als ›Familiendrama‹ oder ›Eifersuchtstragödie› oft den systematischen und strukturellen Charakter dieser auf tief verwurzelten Machtverhältnissen beruhenden Gewalt«, gibt SI Clubpräsidentin Ute Meier Scheinert zu bedenken. Das, sowie die Tatsache, dass es den Tatbestand »#Femizid« im deutschen Strafrecht nicht gibt, habe oft zur Folge, dass solche Verbrechen lediglich als #Totschlag und nicht als #Mord verurteilt werden was mit niedrigeren Haftstrafen für die Täter einhergeht.

Bei der #Mahnaktion geht es daher auch darum, deutlich zu machen, dass Morde an Frauen keine emotionale Affekthandlung, keine Privatsache oder tragische Einzelfälle sind, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem, das ein verstärktes Hingucken auf frühe Anzeichen eskalierender Gewalt und engagiertes Handeln aller erfordert. Es bedarf einer verstärkten Bewusstseinsbildung für die Wirkungsmechanismen geschlechtsbezogener Gewalt, eine Bekämpfung sexistischer Diskriminierung, geschlechtsbezogener Rollenbilder und Stereotype in allen gesellschaftlichen Bereichen. 

Die Soroptimistinnen werden an den Info Ständen zusammen mit ihren Netzwerkpartnerinnen – den Gleichstellungsbeauftragten des Kreises, den Teams des Gütersloher Frauenhauses und der Frauenberatungsstelle, den Vertreterinnen von Inner Wheel und Lions Marswidis, von SPD, Frauen Union und »Bündnis 90/Grünen« sowie einer unabhängig unparteiischen türkischen Frauengruppe informieren – über Daten und Fakten und vor allem über die örtlichen und überregionalen Hilfsangebote für alle von Gewalt bedrohten und betroffenen Frauen.

Femizide

Fallbezogene Daten zu Femiziden als wichtige Grundlage für eine verbesserte Intervention und Prävention sind in Deutschland und Europa bislang nur unzureichend vorhanden, obwohl Initiativen wie das European Observatory on Femicide (EOF)External Link und andere Projekte auf nationaler Ebene hierzu erste Ansätze gestartet haben. Sinnvoll wäre laut Bundesfamilienministerium die Einrichtung und Finanzierung einer nationalen Femizid Beobachtungsstelle wie es sie in #Portugal, #Malta oder #Argentinien längst gibt. In solch einer Institution könnten systematisch Informationen über (versuchte) Femizide gesammelt und Daten der staatlichen und nicht staatlichen Stellen zusammengeführt, dokumentiert und ausgewertet werden. Fallstudien und Erkenntnisse über die Erfahrungen überlebender Frauen versuchter Femizide sowie der Betroffenen/Angehörigen müssten, so das Ministerium, berücksichtigt werden, um eine breitere Perspektive auf das Problem zu erhalten. Noch gebe es zu wenig fundierte Forschung zum kontextuellen Hintergrund von Femiziden, zu Präventionsansätzen und ihrer Wirksamkeit. Männer, insbesondere männliche Jugendliche, würden bislang als Zielgruppe von Präventionsmaßnahmen im Bereich der Gewalt gegen Frauen kaum erreicht. Trotz der gesetzlichen Gleichstellung erlebten Frauen in Deutschland daher alltäglich Diskriminierungen aufgrund ihres Geschlechts, die auch in Gewalt münden.