Illis Literaturplausch: Mit Fingerspitzengefühl gesunde Grenzen setzen
Isselhorst, 12. August 2024
Grenzen zu setzen fällt in der Regel leichter bei Menschen, mit denen man keinen engeren Kontakt pflegen möchte und im beruflichen Kontext nichts zu tun hat. Die Schwierigkeit liegt eher, Grenzen zu setzen, wenn es sich um Kollegen, Freunde oder Familienangehörige handelt, weil man es sich mit ihnen nicht verscherzen möchte. Es braucht ein gewisses Fingerspitzengefühl, um klar und gleichzeitig empathisch zu kommunizieren. Es wirkt zuweilen auch unsympathisch, wenn jemand übertrieben streng in seinen Haltungen verharrt. Vor kurzem habe ich selbst erlebt, dass zu extrem kommunizierte Grenzen auch zu extremeren Reaktionen führen können.
Meine Hundefrisören beispielsweise war 2 Monate aus gesundheitlichen Gründen ausgefallen und wir hatten bereits für die Zeit danach einen Termin vereinbart, den ich leider vergaß. Ich entschuldigte mich, indem ich eine Nachricht auf ihrem Anrufbeantworter hinterließ und um einen neuen Termin bat. Sie rief mich zurück und das 1. was sie tat war mir deshalb Vorwürfe zu machen. Objektiv gesehen waren ihre Vorwürfe berechtigt, aber es wäre aus meiner Sicht angebracht gewesen, auch zu erkennen, dass ich als Kundin nicht abgesprungen war, obwohl ich mir für die Zwischenzeit einen anderen Hundefrisör suchen musste, da mein #Pudel ansonsten zu einem Bären mutiert wäre.
Die Wut stieg in mir hoch, da sie mir keinen zeitnahen #Ersatztermin anbot, sondern einen Termin für »in 8 Wochen«. Daraufhin sagte ich zur ihr: »Achso, eigentlich wollen Sie uns gar nicht mehr haben.« Dieser Satz schoss aus mir raus, weil sie nämlich bei den Terminen zuvor ständig erwähnte, dass sie für einen großen #Hund auch 2 kleine Hunde frisieren könne, um damit gleichzeitig zu verdeutlichen, dass ihr Verdienst für dieselbe Arbeitszeit damit auch höher wäre. Ich gab ihr deshalb auch jedes Mal mindestens 5 Euro Trinkgeld.
Das Ende vom Lied: ich sagte ihr, dass ich bei meinem neuen Hundefrisör bleiben würde. Auch in Bezug auf seine Grenzen flexibel zu bleiben, ist meines Erachtens doch sehr wichtig. Nicht jeder Mensch und nicht jede Situation ist immer dieselbe. Und letztlich macht natürlich der Ton die Musik. Meine Hundefrisörin war nicht auf mich angewiesen, deshalb konnte sie sich diesen schroffen Ton auch leisten, aber das sollte doch nicht der Maßstab für unser Verhalten sein. Wie ist es mit Menschen, die mir wichtig sind? Hier gilt: Wenn dich etwas stört, sag es. Wenn dich etwas verletzt hat, sag es. Wenn du dir etwas wünscht, sag es. Wenn du enttäuscht bist, sag es. Aber: Keine Vorwürfe machen, sondern im ruhigem und wohlwollendem Tonfall sagen, wo der Schuh drückt. Und dabei immer deutlich machen, dass einem die Beziehung sehr wichtig ist und man deshalb etwas klären möchte, um dann gemeinsam zu besprechen, wie man zukünftig mit solchen Situationen umgeht. Wenn das Gegenüber dann kein Entgegenkommen zeigt, sollte man sich überlegen, ob die Beziehung einem dauerhaft guttut.
Dann besteht nämlich ein dauerhaftes Ungleichgewicht, das uns ständig in eine bedrückte Stimmung versetzt. Beziehungsarbeit klingt anstrengend, aber unsere Beziehungen sollten es uns diese Mühen wert sein. Wenn wir gute Beziehungen pflegen, steigern wir nämlich unsere Lebensqualität und unsere #Gesundheit.
Foto: Illis Literaturplausch, Ilka Sundermann, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen
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