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Gütersloh, Stadtverwaltung

Gütersloh, ein teures »Nicht Konzept«, Februar 2009

Schlappe 44.000 Euro hat die Stadt für ein banales »Einzelhandelskonzept und Zentrenkonzept« ausgegeben, das recht wenig bietet.

Von: , , Lesedauer 6 Minuten, 0 Sekunden, DOI:10.DE170236410/GÜTSEL.75572, 53.608 Views

Gütersloh, ein teures »Nicht Konzept«, Februar 2009

Cover: Planungsbüro Junker und Kruse, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber

Gütersloh, ein teures »Nicht Konzept«, Februar 2009

  • Schlappe 44.000 Euro hat die Stadt für ein banales »Einzelhandelskonzept und Zentrenkonzept« ausgegeben, das recht wenig bietet

Gütersloh, Februar 2009

Im Auftrag der Stadt #Gütersloh hat das Planungsbüro Junker und Kruse aus Dortmund für rund 44.000 Euro ein »#Einzelhandelskonzept und #Zentrenkonzept« erstellt. Ziel ist es nach Angaben der Stadt, mit Hilfe dieses 194 Seiten starken Papiers stadtentwicklungspolitische Entscheidungen bewerten und gleichzeitig mögliche Auswirkungen einzelner Standortentscheidungen einschätzen zu können.

Allzu weit kann es mit dem vermeintlichen Konzept allerdings nicht her sein – das Ziel ist offenbar nicht erreicht worden. Schon die Stadt selbst stellt fest, dass das »Ergebnis dieser Studie überwiegend gut« ausfällt. Also handelt es sich eine #Studie und kein #Konzept. In der Tat müsste andernfalls die Diskussion um das Wellerdiek Areal auch problemlos zu beenden sein – ein derartig teures Konzept sollte wohl entsprechende Lösungsvorschläge beinhalten. Weiterhin ergeht sich das »Konzept« größtenteils tatsächlich in einer Studie, die sich beispielsweise in #Binsenweisheiten versteigt, wie die Gütsler #Innenstadt als #Stadtzentrum zu definieren. Wer wäre darauf ohne ein »Einzelhandels und Zentrenkonzept« gekommen? Viele der Fakten, die in den ersten Kapiteln dargestellt werden, lassen sich der entsprechenden Fachliteratur entnehmen, die zu einem Bruchteil der Kosten in jeder Buchhandlung frei erhältlich ist. Angeblich ist die Gütsler Innenstadt aus städtebaulicher und einzelhandelsrelevanter Sicht sehr attraktiv – darauf kommt man allerdings auch mit einem solchen »Konzept« nur schwerlich.

Im ersten Kapitel (»Ausgangslage, Anlass und Zielsetzung der Untersuchung«) stellen Junker und Kruse fest, dass die #Lebensmittelkonzerne einen kannibalösen #Wettbewerb betreiben und dezentrale, autofreundliche Standorte anstreben. Außerdem drängen sie verstärkt in den Non Food Bereich, wo sie bei Aktionen teilweise bis zu 50 Prozent Marktanteil erreichen und so gewachsene Versorgungsbereiche zerstören. Diese Feststellung übersieht allerdings, dass der Branchenprimus Metro nicht nur in den Non Food Bereich drängt, sondern dort fest verankert ist. Und das nicht nur mit dem Media Markt, sondern auch mit dem separaten Elektromarkt beim Real Markt; auch die #Gütersloher #Marktkauf Niederlassung betreibt auf der anderen Straßenseite einen großen #Non #Food Markt.

Als allgemeinen Trend erkennen Junker und Kruse richtig die fortschreitende Unternehmenskonzentration und ein anhaltendes Verkaufsflächenwachstum bei sinkenden Flächenproduktivitäten und Rentabilitäten. Dadurch sinkt die Zahl der Betriebe und es findet ein Wandel in Richtung zunehmender Großflächigkeit und verstärktem Druck auf inhabergeführte Geschäfte statt. Aus städtebaulicher und einzelhandelsrelevanter Sicht weist der Hauptgeschäftsbereich von Gütersloh angeblich eine insgesamt eine sehr attraktive Struktur auf.  Die quantitative Verkaufsflächenausstattung in Gütersloh liegt bei 2,23 Quadratmetern Verkaufsfläche pro Einwohner. Damit ist die Verkaufsflächenausstattung deutlich über dem bundesdurchschnittlichen Orientierungswert von 1,3 bis 1,4 Quadratmetern pro Einwohner gelegen. Gütersloh ist also offenbar Vorreiter dieses Trends. Die Ausstattung mit Lebensmittelverkaufsflächen liegt gesamtstädtisch bei 0,38 Quadratmetern pro Einwohner, so dass die Verkaufsflächenausstattung innerhalb des bundesdurchschnittlichen Werts von 0,35 bis 0,38 Quadratmetern pro Einwohner liegt.

Im 6. Kapitel kommen Junker und Kruse zu dem Schluss, dass sich die Innenstadt von Gütersloh sehen lassen könne – das Zentrum wirke lebendig und attraktiv: »Der gesunde Branchenmix, die kompakte Verteilung des Einzelhandelsangebots, die Dichte ergänzender Nutzungen und die abwechslungsreiche städtebauliche Struktur sind dabei als Pluspunkte besonders hervorzuheben. Auch der öffentliche Raum und die Gebäudestruktur der Innenstadt sind qualitätsvoll. Als Schwächen sind demgegenüber zu nennen: Aus Einzelhandelssicht das geringe Angebot in der Warengruppe #Unterhaltungselektronik. Einzelne Bausteine des Geschäftszentrums wie den Kolbeplatz gilt es funktional und gestalterisch besser zu integrieren. Die Kökerstraße muss ihre Potenziale besser in Szene setzen. Das Bahnhofsviertel entspricht am wenigsten dem allgemeinen hohen Innenstadtstandard. Hauptschwachpunkt ist dort die Anbindung des Textilwarenhauses C & A über die Eickhoffstraße. Die Kritik bewegt sich insgesamt auf einem hohen Niveau. Dennoch sind Anstrengungen zur Behebung der Schwachpunkte angezeigt, um die Attraktivität der Innenstadt auch in Zukunft zu sichern und zu stärken«. Wo genau diese vermeintlichen Angebotsdefizite liegen sollen, wird allerdings nicht deutlich. Im Bereich Unterhaltungselektronik ist Gütersloh in Wahrheit mit dem Bückerteam und anderen inhabergeführten Geschäften, dem Media Markt und den entsprechenden Non Food Märkten von Marktkauf und Real gut aufgestellt. Wie ausgerechnet die Kökerstraße ihre Potenziale besser in Szene setzen sollte, geht aus dem »Konzept« nicht hervor und bleibt ebenso rätselhaft, wie die vermeintliche Erkenntnis, dass sie das nicht tut.

Gegen Schluss des teuren Papiers werden nun zwar keine Konzepte, aber immerhin #Ziele definiert. Diese Ziele könnten allerdings abstrakter nicht sein: Sicherung und Ausbau eines attraktiven Einzelhandelsangebotes in Gütersloh, Sicherung der landesplanerischen Funktion der Stadt Gütersloh (was immer das bedeuten soll), Sicherung und Ausbau einer attraktiven #Innenstadt in Gütersloh (nicht »Schaffung«?), Sicherung und gegebenenfalls Ausbau eines Grund und Nahversorgungsangebotes im gesamten Stadtgebiet, Sicherung und Stärkung der funktional gegliederten Versorgungsstruktur, gezielte und geordnete Entwicklung großflächiger Einzelhandelsbetriebe, Planungs und Investitionssicherheit für bestehenden und anzusiedelnden Einzelhandel, Verhinderung konterkarierender Planungen und Sicherung einer »nachhaltigen« Stadtentwicklung, das heißt langfristig angelegten Entwicklung des Einzelhandels (warum auch immer das »nachhaltig« in Anführungszeichen steht).

Abschließend stellen Junker und Kruse fest: »Für die Stadt Gütersloh verbinden sich mit großflächigen Vorhaben mit zentrenrelevanten Sortimenten in der Innenstadt Chancen (zum Beispiel Inwertsetzen mögliche mindergenutzten #Freifläche, mögliche Sicherstellung einer attraktiven Einzelhandelsstruktur), aber auch Risiken (zum Beispiel Umsatzverlagerungen aus anderen Stadtteilen/zentralen Versorgungsbereichen Güterslohs oder der Nachbarkommunen heraus), so dass im Rahmen einer Einzelfallbewertung eine Grundlage erarbeitet werden muss, die die positiven wie negativen einzelhandelsrelevanten und städtebaulichen Implikationen einer solchen Ansiedlung aufzeigt und entsprechende Lösungsmöglichkeiten anbietet.« Nach normalem Verständnis sollte ein Einzelhandels und Zentrenkonzept eigentlich eine solche Grundlage sein und entsprechende Lösungsmöglichkeiten anbieten. In Bezug beispielsweise auf das Thema Gazit Einkaufszentrum also nichts Neues – es gibt Chancen und Risiken.

Fazit

Hier wurde in üblicher Manier (Stichwort »Herren der Broschüren«) viel Geld für nichts (oder jedenfalls für wenig) ausgegeben. Das angebliche »Konzept« bietet lediglich eine umfassende Ist Analyse, einige Binsenweisheiten und sonst gar nichts. Für »Einzelfälle« (also üblicherweise die konkrete Anwendung eines Konzepts) empfehlen Junker und Kruse die Erarbeitung von »Bewertungsgrundlagen«, die dann »Lösungsmöglichkeiten« anbieten. Genau das, was man eigentlich von einem Konzept erwartet. Bleibt noch zu erwähnen, dass der vielgerühmte #Kaufkraftindex, bei dem Gütersloh so gut abschneidet, lediglich auf #Schätzungen einer #Kölner #Unternehmensberatung beruht und somit mehr als fragwürdig ist. Mal ganz davon abgesehen, dass sich die Unternehmen, bei denen es schlecht läuft, davon auch nichts kaufen können.

Auf das Hauptproblem der Gütsler Innenstadt, nämlich die mangelnde #Urbanität, die bis in die 80er Jahre noch vorhanden war (wir berichteten darüber), wird überhaupt nicht eingegangen. Ebenso wenig, wie auf die damit verbundene übertriebene Verkehrsberuhigung und »Fußgängerzonisierung« der Innenstadt. Es wird lediglich festgestellt, dass per #Auto erreichbare Standorte attraktiv seien und deshalb von den Konzernen bevorzugt würden. Das ganze Papier wirkt in weiten Zügen wie aus der Schublade gezogen – es wäre wenig verwunderlich, wenn es in derselben Form auch zahlreichen anderen Städten verkauft worden wäre. Die auf Gütersloh bezogenen Inhalte zeugen von wenig konkreter #Ortskenntnis und sind inhaltlich eher oberflächlich.

Salenti

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