Institut für Wirtschaft (IW) Köln, »Noch keine großen Sprünge«

Jochen Pimpertz, Köln, 20. April 2023

In ihrem neuen Grundsatzprogramm will die #Union auch die #Rentenversicherung, #Krankenversicherung und #Pflegeversicherung anpacken. Reformen der umlagefinanzierten Systeme sind angesichts der Bevölkerungsalterung längst überfällig. Ob sich die Union zu nachhaltigen Lösungen durchringen kann, steht aber noch in den Sternen.

Das #Handelsblatt berichtete am 19. April 2023 über erste Ideen zum neuen sozialpolitischen Grundsatzprogramm der CDU. An Christi Himmelfahrt will die Parteispitze darüber am Comer See diskutieren. Für die Gesetzliche Rentenversicherung steht demnach die Regelaltersgrenze auf der Agenda, in der Gesetzlichen Krankenversicherung soll es um mehr Eigenverantwortung gehen. So vielversprechend die Vorschläge klingen, sie nähren Zweifel daran, dass die Union weit genug springen wird.

Alterssicherung

Für die Gesetzliche Rentenversicherung soll unter anderem eine weitere Anhebung des Rentenzugangsalters nach 2031 diskutiert werden. Das Rentenalter soll künftig an die Lebenserwartung gekoppelt werden: Steigt die erwartete Lebensspanne um 3 Jahre, sollen Versicherte ein Jahr länger arbeiten, um 2 Jahre länger #Rente beziehen zu können. Das ist gerade verkehrt herum, denn aus #IW Berechnungen wissen wir: Um bei einer 45 jährigen Beitragszeit eines »Standardrentners« und einem durchschnittlich über 20 Jahre währenden Rentenbezugs die Rente nur ein Jahr länger zu beziehen, bräuchte es eigentlich eine um zwei Jahre verlängerte Arbeitszeit. Anderenfalls müssten die Beitragszahler stärker belastet werden.

Außerdem will die CDU Spitze die Betriebsrente für Geringverdiener verpflichtend machen, paritätisch finanziert von Arbeitnehmern und Arbeitgeber. Diese Idee irritiert, denn zum einen führt der Vorschlag zu höheren Arbeitskosten ausgerechnet für jene Beschäftigten, die sich etwa familienbedingt für Teilzeitmodelle entscheiden. Zum anderen könnten Geringverdiener finanziell überfordert werden. Ob sich damit Armutsrisiken im Alter vermeiden lassen, steht vor allem bei Paarhaushalten auf einem ganz anderen Blatt.

Gesetzliche Krankenversicherung

Für die Bereiche Gesundheit und Pflege wird ein Wechsel hin zu mehr Eigenverantwortung angekündigt. So soll die Praxisgebühr wieder eingeführt werden. In Frankreich ist diese schon seit Jahren Usus. Egal wie ausgestaltet, sie allein wird das Problem knapper werdender Kassen kaum lösen. Auch der Vorschlag, versicherungsfremde Leistungen durch Steuern, anstatt wie bislang durch die Krankenkassen zu finanzieren, stößt an Grenzen. Denn das würde nicht nur den Bundeshaushalt zusätzlich belasten. Notwendig ist dazu auch, das Leistungsversprechen der Gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen eindeutig zu definieren und zu begrenzen.

Schließlich soll die Wahl eines Hausarzttarifs sich künftig stärker lohnen. Bei diesem Tarif sollen #Patienten erst einen #Hausarzt aufsuchen, der dann entscheidet, ob und welcher Facharzt die weitere Versorgung übernimmt. Die CDU denkt dabei zum Beispiel an einen niedrigeren Zusatzbeitrag für den Hausarzttarif. Das setzt vor allem eines voraus: ein neues Selbstverständnis gesetzlicher Krankenkassen. Welches Versorgungsmodell unter dem Strich effizienter ist, gilt es erst aber noch im Wettbewerb herauszufinden.

Mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen bedeutet aber auch, dass der Anspruch auf eine umfassende solidarische Beitragsfinanzierung an Grenzen stößt. Denn wer sich auf ein kostengünstiges Versorgungsmodell einlässt, möchte dafür mit einem niedrigeren Beitrag belohnt werden. Jüngere Versicherte müssen ohnehin damit rechnen, dass der Beitragssatz zur umlagefinanzierten Krankenversicherung und Pflegeversicherung nicht nur stetig steigt, sondern ein immer größerer Anteil ihres steigenden Beitrags in die solidarische Umverteilung zugunsten älterer Versicherter fließt. Damit das Solidaritätsprinzip dauerhaft auf Akzeptanz stößt, braucht es eine Begrenzung der Beitragsfinanzierung. Notwendig wird dann auch bei den Themen #Gesundheit und #Pflege eine zweite, idealerweise kapitalgedeckte Finanzierungssäule. Davon ist aber bislang nicht die Rede.

Foto: Institut der deutschen Wirtschaft Köln e. V., Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen

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