Gütsel Kommentar, Geistiger Selbstmord
Gütersloh, Januar 2013
Stanisław Lem war ein großartiger, polnischer Autor von Science fiction Romanen, aber auch von hochphilosophischen und prophetischen Werken. Nicht nur, dass er #Richard #Dawkins’ »Selfish Gene« in »Also sprach Golem« um 50 Jahre vorweggenommen hat – er hat zu dieser Zeit auch schon die Inhaltslosigkeit, die uns heutzutage vor allem vom #Privatfernsehen serviert wird, prophezeit, und den Konsum als »geistigen Selbstmord« bezeichnet.
Formate wie »Gute Zeiten, schlechte Zeiten«, »Unter uns«, »Mitten im Leben«, »Deutschland sucht den Superstar«, »Musikandenstadl« oder #Schlagermusik drehen sich endlos um sich selbst. Sie bringen keinen Erkenntnisgewinn, keinen Fortschritt. Sie als »Unterhaltung« zu bezeichnen ist schon zu hoch gegriffen – eigentlich werden die #Zuschauer von solchen Sendungen eher sediert und abgestumpft. Genau so gut könnten hypnotische Muster gesendet werden.
Und tatsächlich gab es früher Zuschauer, die sich nach Sendeschluss stundenlang das Bildschirmrauschen oder Inserate wie »Sendeschluss« angesehen haben. Untersuchungen haben schon vor Jahrzehnten festgestellt, dass Fernsehen #Alphawellen im #Gehirn verursacht. #Forscher sagen, dass #Fernsehen so ist, als würde man für mehrere Stunden eine weiße Wand anstarren …
Christian Schröter
Alphawellen, Zusammenang mit Wahrnehmungsverzerrungen
Alphawellen sind Gehirnwellen mit einer Frequenz im Bereich zwischen 8 und 12 Hertz. Alphawellen werden vom menschlichen Gehirn erzeugt, wenn es sich in einem Zustand tiefer Entspannung befindet. Sie lösen die Freisetzung von #Endorphinen und #Serotonin aus, und die Wellen selbst werden mit einem Gefühl der Ruhe und Gelassenheit in Verbindung gebracht. Alphawellen werden als elektrische Aktivität im Gehirn mit einem Elektroenzephalogramm (EEG) gemessen. Wer meditiert, kann Alphawellen auch ohne elektrische Geräte wahrnehmen, da sie natürlich vorkommen. Wenn jemand ruht oder schläft, treten Alphawellen häufiger auf, als wenn jemand denkt oder sich konzentriert.
Das Gehirn generiert eine mehr oder weniger verzerrte Wahrnehmungen der Welt, sodass Menschen ihre eigene, subjektive Realität entwickeln. Diese Kognitive Verzerrung ist normalerweise ein unbewusstes Phänomen. Menschen können diesen »Bias« unter Umständen überwinden. Anhand einer Beurteilungsaufgabe mit zeitlicher Ordnung haben Laetitia Grabot und Christoph Kayser 2020 überprüft, ob Alphawellen im Gehirn mit solchen Wahrnehmungsverzerrungen zusammenhängen. Es zeigte sich in den EEG Daten, dass schwächere Alphawellen bedeuteten, dass Probanden einem experimentell herbeigeführten Bias widerstanden, während stärkere Alphawellen auftauchten, wenn die Probanden ihrer persönlichen Neigung entsprechend entschieden. Die spontane Alphawellen Aktivität scheint also ein Indiz für Kognitive Verzerrungen zu sein, und zwar schon bevor die eigentliche Entscheidung fällt, Werner Stangl 2023.
Diese Erkenntnisse lassen wie oben erwähnt auch den Umkehrschluss zu. Induziert man Alphawellen, etwa durch Fernsehen, folgt das, was die Wissenschaftler (umgekehrt) erforscht haben.