Gutes Beamen, schlechtes Beamen, Star Trek Discovery

»Sinnlos im Weltall« hieß es schon im Feuilleton einer bekannten Zeitung. Und »Discovery« ist tatsächlich nichts anders als eine »woke« Soap Opera. Die im Grunde genommen entweder auf der »Discovery« spielt oder an klingonischen (?) Orten, die wie eine mittelalterliche Burg anmuten – mit Fackeln und allem, was dazu gehört.

Die Technik spielt keine Rolle mehr. Bei »TOS« war die Technik Mittel zum Zweck, alles blinkte und piepte und funktionierte einfach. Herr der Technik war der Chefingenieur Montgomery »Scotty« Scott. Alles funktionierte in der Regel, und als Roddenberry gefragt wurde, wie der Heisenberg Kompensator des Transporters funktioniere, soll er geantwortet haben: »Sehr gut!« Die bunt zusammengewürftelte Crew um den »King of Overacting« William Shatner erlebte cowboyhafte, unterhaltsame und kreative Abenteuer. Gerne auf fremden Planeten in Pappkulissen.

In der »Next Generation« stellte man dann absolut auf Technik ab, und viele Beteiligte, vor allem aber Geordi La Forge – kannten sich aus. Sie hatten umfassendste Kenntnisse in Physik und Technik und kannten an Bord jede Schraube. Picard, mit dem es eine aktuelle, theatralische und pathetische Serie gibt, die nur auf ihn abstellt, verlieh dem ganzen durch die Tatsache, dass er in Shakespeare Stücken mitgespielt hat, ein gewisses formales Niveau. Und man erlebte weiterhin unterhaltsame und kreative Abenteuer, allerdings mit mit einem gewissen Pathos untermauert. Aber die Technik wurde immer fragiler. Ständig funktionierte etwas nicht oder nicht korrekt. Aber man bekam es dann doch in den Griff. Technik und Wissenschaft waren pseudoplausibel, klangen aber toll, der Begriff des  »Technobabble« wurde geboren. Sinnloses Gelabere, das aber beeindruckend und vielversprechend klingt, und vor allem auch plausibel klingt, weil es sowieso niemand versteht: »Sir, wenn wir die laterale Backbord Verteron Emitter Phalanx auf Deck 13 bei einer Ebene 5 Diagnose auf 3,8643 kalibrieren, müsste es funktionieren!« … »Machen Sie es so. Energie!« … und dann gab’s eine Tasse Tee. Es folgten weiter Ableger, die teils sehr gut waren.

Bei »TOS« brachte einen der Star Trek noch irgendwo hin, bei »TNG« ging es eher um die Versprechungen der Technik. »Discovery« bringt einen nun nirgendwo mehr hin, es ist eine reine Seifenoper, bei der die Technik überhaupt keine Rolle mehr spielt. Das Schiff ist ein einziges Smartphone Display, die Untertassensektion kann völlig sinnlos rotieren, und der »Sporenantrieb« ist vollkommen absurd – zumal vor jedem Einsatz sich das Schiff ein paar mal um die Längsachse dreht und dann videospielhaft herumspringt oder auch nicht.

Klare Hierarchien scheint es in der »woken« Crew nicht mehr zu geben. Chef des Ganzen ist offenbar die Schwarze »Michael Burnham«, die durch ein klugscheißerisches, gleichzeitig pseudoempathisches, pseudo überselbstbewusstes und selbstgefälliges Auftreten den Trekkern nicht nicht auf die Nerven geht (»Trekkies« sind im Fachjargon die Kids, »Trekker« die älteren Fans). Mit dabei auch die dicke, lustige und naive Tilly, und diverse andere Crewmitglieder, die beliebig austauschbar sind (auch der Captain selbst, der eigentlich keine Rolle spielt). Tatsächlich gilt an Bord, dass früher wenige viel über wenig wussten (Montgomery Scott), im Laufe der Zeit wussten immer mehr immer weniger über immer mehr (die TNG Crew), und an Bord der Discovery weiß jeder nichts über alles. Tilly hantiert beispielsweise mit einer Art Zick Zick Zyliss (dem prima Plastik Zwiebelhacker aus den 80ern) mit Dunkler Materie, und für den Nonsens Sporenantrieb ist ein dem Vernehmen nach homosexueller Albino mit spirituellen Avancen zuständig. Die meiste Zeit findet pseudopathetisches Psychogelabere im Stil einer Soap Opera statt und jeder hat umfassende, psychologische Kenntnisse, die er auch anwendet, und alle haben Verständnis für alles und nichts, für jeden und niemanden, vor allem aber für sich selbst oder auch nicht – darum dreht sich alles.

Die Klingonen sind offenbar zu einer Art hyperaggressiven Echsenmenschen degeneriert, bei deren Auftreten vor allem Schwerter, mittelalterliche Kulissen und Fackeln auftauchen, und die meist veronicaferresk so sprechen, als hätten sie ein feuchtes Brötchen im Mund. Dass ständig tiefe Gespräche unter vier Augen stattfinden wurde bereits erwähnt. Oft wird auch über Spock gesprochen und seine Person per se pathetisiert, herablassenderweise pseudoanalysiert (»Das hat er schon als Kind gezeichnet. Sie nannten es ›Rote Engel‹. Immer wieder hat er sie gezeichnet. Es hat ihn verändert!«) … woraufhin das Gegenüber verständnisvoll nickt – inwiefern es ihn »verändert« haben soll und was das überhaupt bedeuten soll, bleibt unklar, spielt aber auch keine Rolle, that’s »woke«, Folks), auftauchen tut er freilich nicht, denn Leonard Nimoy weilt bekanntlich nicht mehr unter uns. Außerdem tritt eine sogenannte »Imperatorin« (?) auf, die noch mehr (alles) weiß und Einblicke und Erkenntnisse in und über alles und nichts hat, die aber den Gipfel der herablassenden Selbstgefälligkeit markiert. Ihr muss sich gefühlt (!) sogar Michael Burnham unterordnen. Bewegen tut sich die Story dabei selbstverständlich nirgendwo hin, es passiert im Grunde genommen gar nichts, alles dreht sich nur um sich selbst.

Was aber vor allen Dingen dramatisch schlimm ist, ist die Tatsache, dass keinerlei Humor stattfindet (Tillys Naivität ist kein Humor, sondern lächerlich. Bestenfalls Spaß). Bei »TOS« gab es von »Scotty« noch süffisante »scottish« Sprüche, »Pille« prägte Aussagen wie »I’m a doctor, not a mechanic«, Kirk erntete Lacher mit Sprüchen und seinem beliebten Overacting, und Spock mit seiner gespielt ernsthaften Art, seinem »Faszinierend« und seinen elaborierten Bedienungsfähigkeiten des Tricorders, und es gab als Running Gag ständig den Konflikt zwischen »Pille« (im Original »Bones«) und Spock.

Bei »TNG« verlagerte sich das darauf, dass Picard auch mal ein leichtes Lächeln auf den Lippen hatte, dass Data oft ungewollt witzig war, vor allem aber auf den großartigen John de Lancie als »Q«, der sich lustige Scherze erlaubte.

An Bord der »Wokovery« wird nicht gelacht. Denn man müsste sich ja sofort die Frage stellen, worüber, oder gar über wen gelacht würde. Damit würde irgendjemand diskriminiert, und das geht nicht. Es wird auch selten, wenn überhaupt gegessen – während sich an Bord der »Voyager« Neelix noch als großer Wok Koch (nicht »woke« Koch) darstellte, und die Nahrungsmittelreplikatoren der Enterprise D eine große Rolle spielten (vor allem moderne Getränkeautomaten, die auf Zuruf und ohne lästiges Kleingeld funktioniert haben).

Übrigens: Weil Whoopi Goldberg unbedingt mitmachen wollte, wurde für sie die Rolle einer weisen und uralten Außerirdischen mit unklarem Hintergrund geschaffen, die sich als Barfrau in der Bordkneipe (»Ten Forward«) betätigte, und dort tolle Cocktails und Eiskreationen gratis servierte (allerdings nichts anderes, keine Snacks, keine sonstigen Gerichte). An Bord der »Wokovery« wüsste man auch kaum, was man essen und trinken sollte, um nicht unabsichtlich irgendjemandem auf die Füße zu treten. Vielleicht Capri Sonne. Aber da wäre der Zuckergehalt. Synthetisches Fleisch aus dem Replikator? Problematisch. Vegane Gemüsepfannen aus dem Replikator? Auch problematisch. Diese heißen Eisen fassen die Drehbuchautoren gar nicht erst an. Gene Roddenberry würde – wie es die »Wokovery« vor jedem »Sporen Sprung« tut – im Grabe rotieren.

Konzeptionell absurd ist, wie erwähnt, auch der Umstand, dass an Bord jeder nichts über alles weiß. An Bord der NCC 1701 hatte niemand Ahnung von nichts. Nur Scotty. Der konnte mit einem Schraubenzieher die Situation retten. Auf der »Wokovery« weiß jeder alles, kann aber nichts, sprich: Ohne die ganze Technik – jeder weiß mindestens genauso viel wie die Technik kann – könnte niemand irgendetwas machen. Da kann auch nichts repariert werden, bei Defekten müsste wohl notfalls das ganze Schiff ausgetauscht werden. Showelemente wie die, dass (nur auf der Brücke) der Enterprise D ständig irgendetwas explodierte oder gar Leitungen aus der Decke fielen, finden auf der »Discovery« nicht statt. Von Begriffen wie »Tetrion«, »Verteron«, »ODN Leitungen«, »EPS Leitungen« oder überhaupt irgendwelcher Technik, ist keine Rede. Warum auch? Und wie auch? Das wird ja alles in China produziert und niemand kann sich vorstellen, wie das alles überhaupt funktionieren soll, was aber auch keine Rolle spielt, denn es funktioniert halt. Und zwar sehr gut, wie eben schon in den 60ern der Heisenberg Kompensator.