Diakonie Gütersloh, »Das Ehrenamt hilft auch den Helfern«, gegen die Einsamkeit in der Pandemie, Teil 2
Kreis Gütersloh, 8. März 2022
154 Menschen engagieren sich ehrenamtlich bei der Diakonie Gütersloh. Das sind gut 11 Prozent weniger als vor Corona. »Gerade im Bereich der offenen Seniorenarbeit hat die Pandemie das Handeln der Ehrenamtlichen erschwert«, sagt Christine Dröge. Bis zu ihrem Ruhestand Mitte 2021 war sie Fachberaterin für #Senioren und Ehrenamtsarbeit bei der Diakonie Gütersloh. Gemeinsam mit ihrer Nachfolgerin Anke Fuchs zieht sie eine gemischte Bilanz der #Corona Zeit.
Es kann glücklich machen, sich ehrenamtlich zu engagieren. Das hat nicht nur die OECD in einer Studie festgestellt. Das ist auch ein Erfahrungswert, den Christine Dröge aus vielen Gespräche mit Helfern gezogen hat. Zufrieden macht das Gefühl, Gutes zu tun. Neue Kontakt zu knüpfen, Gemeinschaft zu erfahren und Freundschaft zu erleben – das sind wesentliche Antriebe für ehrenamtliches Engagement.
Die meisten Freiwilligen sind älter als 60 Jahre
Allerdings beeinträchtigen Kontaktbeschränkungen und Sorgen vor einer Corona Infektion bis heute die unentgeltliche Tätigkeit in der Diakonie Gütersloh. »Schließlich unterstützen die Freiwilligen Senioren in ihrem Alltag«, betont Anke Fuchs. Hinzu komme, dass die Ehrenamtlichen meist selbst älter als 60 Jahre sind. »Umso wichtiger ist es, dass alle vor einer Ansteckung geschützt werden«, betont die Fachberaterin.
Unsere Grafik zeigt, wie sich die Zahl der Ehrenamtlichen in der Diakonie von 2019 bis 2021 entwickelt hat. Dabei werden Unterschiede deutlich: Im Bereich Pflege, beispielsweise den Pflege-WGs, gibt es inzwischen wieder ebenso viele HelferInnen wie vor der Krise.
Zugleich zeigt sich: Helfen ist keine Einbahnstraße. So unterstützt eine Frau aus Syrien jetzt die Mitarbeitenden in der Pflege #WG Trinitatis in Gütersloh.
Weiterhin Bedarf bei Flüchtlingsarbeit
Deutlich eingebrochen ist die Beteiligung in der Flüchtlingsarbeit. Hier besteht großer Bedarf. »Erfreulicherweise melden sich jetzt zunehmend mehr Ehrenamtliche, die sich im Patenmodell oder auch bei Begegnungsangeboten engagieren«, berichtet Anke Fuchs.
Björn Neßler, Vorstand der Diakonie Gütersloh, sieht das Ehrenamt als einen unverzichtbaren Bestandteil der Sozialen Arbeit, besonders in der Begegnung mit Geflüchteten: »Es ist berührend zu sehen, wie groß die Hilfsbereitschaft der Menschen seit 2015 ist. Das gibt Hoffnung.«
Die Angebote der Flüchtlingsberatungsstellen in Gütersloh und in Rheda stehen allen Menschen offen, die einen Fluchthintergrund haben. Ratsuchende und Hilfesuchende, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind, finden hier ebenso eine Anlaufstelle wie beispielsweise SyrerInnen.
Die Diakonie Gütersloh arbeitet hier eng mit der Stadt Gütersloh zusammen. Diese hat bereits eine zentrale Anlaufstelle und Hotline für Geflüchtete aus der #Ukraine eingerichtet. Dort läuft die Vermittlung ehrenamtlicher Unterstützung über die Ehrenamtskoordination Elke Pauly-Teismann.
In den Diakoniestationen nahm die Zahl der helfenden Hände ebenfalls ab. »Dass Ehrenamtliche ihr Engagement nicht weiterführen und sich neu orientieren, ist normal«, erklärt Christine Dröge. »Die Pandemie hat allerdings die Qualifizierung und Einarbeitung neuer Ehrenamtlicher sehr erschwert.«
Zu Besuch in Langenberg, Steinhagen und Halle
Seit 2020 musste die »Aktion Atempause« pausieren. Doch nun starten die Betreuungsgruppen wieder. Das Angebot zielt direkt auf die Bedürfnisse von Demenzkranken und ihren Angehörigen ab. Es wurde von der Diakonie Gütersloh entwickelt. Anke Fuchs zeigt sich optimistisch: »Zwar konnten die Ehrenamtlichen nicht aktiv werden, aber der Kontakt zu ihnen wurde weiter gepflegt. Und wir freuen uns, dass sie weitermachen.«
Der Besuchsdienst für ältere Menschen ist ein gemeinsames kreisweites Angebot der AG Wohlfahrt. Hier koordiniert die Fachberatung der Diakonie Gütersloh die Besuchsdienste in den Kommunen Langenberg, Steinhagen und Halle. In Gütersloh sind wiederum die AWO und die Caritas zuständig.
Die Kontakte haben gehalten
Anke Fuchs zieht ein positives Fazit: »Die Qualität der Besuchspartnerschaften hat sich verändert. Aber die Kontakte haben gehalten.« Und dies trotz der Tatsache, dass von Beginn der Pandemie bis Mitte 2021 niemand mehr in die Haushalte gehen durfte. »Das ließ sich einfach nicht verantworten«, erklärt Christine Dröge. Also wurden Gespräche auf Abstand geführt, zum Beispiel über den Gartenzaun oder an der Haustür, mit einem Blumenstrauß als kleinem Geschenk. Alternativ tauschte man sich am Telefon oder per Brief aus. Nach dem Sommer waren Besuche wieder erlaubt, mit komplettem Impfschutz auf beiden Seiten.
Manche sind ohne Einsatz Chance unzufrieden
Ehrenamtliche ohne Nachfrage? Auch das gab es, etwa bei den SchlaganfallhelferInnen. Sie begleiten die Betroffenen für eine begrenzte Zeit von etwa einem halben Jahr. Wegen Kontaktbeschränkungen konnten Anfragen von Erkrankten und #Patienten jedoch nicht bedient werden. Und manche von ihnen verzichten ganz darauf, Besuch zu empfangen, aus Angst vor Corona. Die Folge: »Wir bemerken eine gewisse Unzufriedenheit bei den Helfern, die nicht zum Einsatz kommen«, so Anke Fuchs. »Es würde uns freuen, wenn sich wieder mehr Menschen nach einem Schlaganfall melden und wir sie mit unseren ehrenamtlichen Angeboten unterstützen können.«
Wo aktuell Bedarf besteht
Hier werden zurzeit Ehrenamtliche gesucht: Zwei Pflege WGs der Diakonie Gütersloh in Isselhorst und Verl suchen Interessierte, die gern mit den Bewohnern backen würden. Die Pflege WG Trinitatis in Gütersloh wünscht sich Freiwillige, die ein Betreuungsangebot am Vormittag anbieten. Bedarf hat außerdem die »Aktion Atempause« in den Angeboten »Cafe Miteinander« und »Leuchtpunkte«, koordiniert von Silke Stitz und Brunhilde Peil. Die Flüchtlingsberatung hat Bedarf im »Café Connect«.
Was die Fachberatung plant
Anke Fuchs hat sich vorgenommen, den Kontakt und den Austausch zwischen den vielen Ehrenamtlichen zu stärken. Daher plant die Fachberaterin für den Sommer ein gemeinsames Kennenlernen aller Freiwilligen.