Ab jetzt: mit einem guten Bauchgefühl, fünf Fragen zu mehr Wohlbefinden an Ernährungsexpertin Dr. Osterkamp-Baerens
Neuss, 5. Januar 2022
Neues Jahr, neue Pläne: Mit viel Tatendrang und einer Liste guter Vorsätze heißen viele von uns Neujahr willkommen. Ganz oben steht häufig der Wunsch, wieder mehr für sich selbst und die eigene Gesundheit zu tun. Sport treiben, ausgewogen essen und ausreichend schlafen gelten als Schlüsselfaktoren, um das Wohlbefinden zu steigern. Dass auch der Darm, insbesondere die #Mikrobiota (früher »#Darmflora«) einen großen Anteil am ganzheitlichen Wohlbefinden hat, wird dabei allerdings oft vergessen. Wie genau das funktioniert und inwieweit unser Bauchgefühl unser Tun und Denken steuert, ist derzeit Gegenstand zahlreicher Forschungsprojekte auf der ganzen Welt. Denn bereits heute ist klar, dass unser Darm einen größeren Anteil am ganzheitlichen Wohlbefinden hat als lange Zeit angenommen. Umso wichtiger ist es, die Darmgesundheit durch ausgewogene Ernährung und sportliche Aktivitäten zu unterstützen.
»Kencho Choju« – »Ein gesunder Darm ist die Grundlage für ein langes und gesundes Leben« lautete das Motto des japanischen Wissenschaftlers und Yakult Gründers Dr. Minoru Shirota. Er forschte bereits Anfang des letzten Jahrhunderts, welchen Einfluss die Darmbakterien auf die Gesundheit nehmen. Und auch heute ist es das Anliegen von Yakult, mit gezielter Aufklärungsarbeit eine gesundheitsbewusste Lebensweise bei den Menschen zu etablieren. Im Rahmen einer paneuropäischen Umfrage hat Yakult unter anderem 1.000 Personen aus Deutschland zu ihrem Wissen rund um das Zusammenspiel und die Kommunikation zwischen Darm und Gehirn befragt. Dabei kam heraus, dass immerhin 83 Prozent der Befragten der Aussage zustimmen, dass die Ernährung wichtig für die Gesundheit und das Wohlbefinden ist. 40 Prozent sind der Auffassung, dass sie wichtiger für die Gesundheit ist als Bewegung. Die Fakten zur Steigerung des Wohlbefindens sind dem Großteil der Bevölkerung also bewusst. Doch wie integriert man langfristig eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Sporteinheiten in den ohnehin schon stressigen und vollgepackten Alltag? Diese und weitere Fragen rund um Sport und Darmgesundheit beantwortet Frau Dr. Osterkamp-Baerens. Sie ist promovierte Diplom-Ökotrophologin und seit 2003 Ansprechpartnerin für die Leistungssportler des Olympiastützpunkt Bayern, wenn es um Ernährungsfragen geht.
Frau Dr. Osterkamp-Baerens, Leistungssportler sind grundsätzlich sehr diszipliniert und halten sich konsequent an Trainings- und Ernährungspläne. Haben Sie ein paar Tipps und Tricks von den Profis für die normale Bevölkerung, wie Trainingseinheiten sinnvoll und vor allem langfristig in den Alltag integriert werden können?
Ein wesentlicher Faktor ist der Spaß – der Spaß an der Bewegung selbst, aber auch der Spaß und die Freude, die anderen Trainingsmitglieder und Trainer zu treffen. Kein Leistungssportler trainiert allein. Die Trainingsgruppe ist gerade dann, wenn die Meisterschaften noch in weiter Ferne liegen, die wichtigste Motivation zum Training zu gehen. Denn die gemeinsam durchgestandenen Trainingsserien und die Erlebnisse auf Trainings- und Wettkampfreisen schaffen eine starke Verbindung. Die Sportler freuen sich aufs Wiedersehen und den Austausch.
Die Trainer erhalten den Spaß am Training darüber hinaus, indem sie für Abwechslung sorgen: Neue Trainingsformen, Geschicklichkeitsübungen, andere Sportarten. Denn Monotonie ist ein absoluter Motivationskiller.
Deshalb sollten Freizeitsportler nicht mehr von sich erwarten, als es Topathleten tun. Keine Lust auf Training hat wenig mit Inkonsequenz oder Disziplinlosigkeit zu tun. Mein Tipp: Machen Sie es wie die Profis und trainieren Sie in der Gruppe am besten unter Anleitung eines Trainers. Das macht mehr Spaß als allein, und es ergeben sich automatisch feste Trainingszeiten, die man nicht so einfach absagt.
Mit wie vielen Sporteinheiten und in welcher Art und Umfang kann ich meine Gesundheit und meinen Darm optimal unterstützen? Gibt es Richtwerte?
Um die Gesundheit zu erhalten und umfassend zu fördern, sollten sich Erwachsene zwischen 18 und 65 Jahren an den Empfehlungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) orientieren. Diese empfiehlt wöchentlich entweder eine mindestens 150-minütige ausdauerorientierte Bewegung mit moderater Intensität (zum Beispiel fünfmal 30 Minuten pro Woche) oder mindestens 75 Minuten ausdauerorientierte Bewegung mit höherer Intensität. Darüber hinaus wird zweimal pro Woche eine muskelkräftigende körperliche Aktivität empfohlen [1]. Die Effekte auf die Gesundheit sind enorm. So sinkt nicht nur das Gesamtsterblichkeitsrisiko um bis zu 30 Prozent, sondern auch die Wahrscheinlichkeit an Typ 2 Diabetes, Krebs oder Herz-Kreislauf-Leiden zu erkranken. Auch die günstigen Auswirkungen auf die Verdauung sollte man nicht vergessen. Vor allem intensivere Belastungen, also Bewegungen, bei denen man außer Atem kommt, beschleunigen die Dickdarmpassage.
Was ist Ihnen in der Ernährungsberatung der Leistungssportler besonders wichtig, und lassen sich hier Empfehlungen auf die #Freizeitsportler beziehungsweise #Breitensportler übertragen?
Der Mahlzeitenrhythmus ist das Schlüsselthema in der Ernährungsberatung mit Sportlern. Denn damit steht und fällt die Leistungsfähigkeit, das Wohlbefinden und die Verdauung. Zu lange Pausen zwischen den Mahlzeiten führen zu großem Hunger, der wiederum bewirkt, dass zu viel und zu schnell gegessen wird. Das macht müde und träge. Außerdem rückt dann häufig die Qualität der Lebensmittel in den Hintergrund, und der #Magen #Darm #Trakt wird durch die großen Portionen und eher schlecht gekaute Nahrung häufig überlastet. Bauchgrummeln, Magendrücken, Blähungen sind die Folge. Viele Sportler denken dann zunächst an Allergien oder Lebensmittelunverträglichkeiten. Aber in den meisten Fällen ist der Mahlzeitenrhythmus die Ursache.
Deshalb ist es wichtig, regelmäßig und gut verteilt über den Tag zu essen. Drei bis vier Stunden zwischen den Mahlzeiten haben sich bewährt. Die letzte größere Mahlzeit sollte zwei bis drei Stunden vor dem Training liegen und leicht verdaulich sein. Das bedeutet wenig Gemüse und sehr wenig Rohkost, Samen, Nüsse oder frisches Obst. Denn diese Lebensmittel bieten zwar viele wertvolle Nährstoffe und sind ein Muss in der Sportlerernährung, aber sie enthalten kaum Kohlenhydrate und liegen recht lange im Magen. Das ist ungünstig vor dem Training. Daher sollte man sie besser nach dem Training essen oder zu Mahlzeiten einplanen, die mehrere Stunden vor dem Training liegen.
Für Sportler, die terminlich stark eingebunden und viel unterwegs sind, ist deshalb eine grobe Planung ihrer Mahlzeiten wichtig. Auch Freizeitsportler*innen sollten sich die Mühe machen ihre Mahlzeiten zu planen, um eine ausgewogene Ernährung sicherzustellen.
Und wie lassen sich Heißhungerattacken nach dem Sport vermeiden?
Gegen Heißhungerattacken hilft nur eins: Vor dem Training ausreichend essen. Gerade Freizeit- und Breitensportler mit Job, Familie und Haushalt trainieren – anders als die Profis, deren Job das Training ist – entweder mal schnell in der Mittagspause oder direkt im Anschluss an die Arbeitszeit am Abend. In beiden Fällen liegt das Training zur besten Essenszeit. Und die letzte Hauptmahlzeit (Frühstück beziehungsweise Mittagessen) wurde vier bis fünf Stunden vorher verzehrt. Das ist auch für Freizeitsportler eine deutlich zu lange Pause. Die Folge: Der Körper ist nach dem Training ausgehungert und Heißhunger die logische Folge.Â
Deshalb sollten Mahlzeiten nach Möglichkeit geplant und auf das Training abgestimmt werden. Wer mittags gegen 13 Uhr trainiert, sollte früh zu Mittag essen (11.30 Uhr). Hier würde sich ein leichtes asiatisches Gericht mit viel Reis und wenig Fleisch oder eine mittlere Portion Spaghetti Napoli mit wenig Käse anbieten. Beim Abendtraining sollte am besten zwei Stunden vorher noch eine Mahlzeit aufgenommen werden, zum Beispiel ein großes Müsli auf Flockenbasis mit Banane oder Weintrauben. Das lässt sich auch in jeder Teeküche gut zubereiten.
Was empfehlen Sie den Sportlern insbesondere in der kalten Jahreszeit, wenn Erkältungskrankheiten kursieren?
Bei der Ernährung setze ich bei Sportlern vor allem auf eine ausreichende Kohlenhydrat-Versorgung und probiotische Lebensmittel. Denn Studien konnten zeigen, dass es durch das Training zu einer verstärkten Ausschüttung von Stresshormonen kommt, einige Entzündungsparameter ansteigen und die Lymphozyten-Zahl sinkt. Durch eine reduzierte Kohlenhydratzufuhr wird dies noch verstärkt. Damit steigt das Risiko, dass sich Erreger im Körper ausbreiten können. Es ist hoch interessant, in der Praxis zu sehen, dass Sportler, die im Herbst und Frühjahr häufiger mit Erkältungserkrankungen kämpfen, fast immer sehr wenig Kohlenhydrate zu sich genommen hatten. Daher lautet mein erster Tipp: Wer anfällig für Erkältungen ist, sollte zuerst die Kohlenhydrataufnahme vor und im Training überprüfen und diese gegebenenfalls sinnvoll erhöhen.
Ergänzend empfehle ich #Probiotika, denn sie unterstützen die natürliche Darmflora, das Mikrobiom. Ein gesundes Mikrobiom ist für den Körper ausgesprochen nützlich: Die Darmbakterien helfen bei der Verwertung von Nahrungsbestandteilen und verhindern, dass sich Krankheitserreger im Darm ausbreiten können, und tragen zum normalen Funktionieren unseres Immunsystems bei.
Jenseits der Ernährung ist die Einhaltung der AHA-Regeln sehr wichtig. Wie wirksam diese sind, hat das Frühjahr 2021 gezeigt: Nach den Berichten der Krankenkassen gab es kaum Fehltage wegen Erkältungserkrankungen im ersten Halbjahr 2021.
1.) Quelle: BzgA: Forschung und Praxis der Gesundheitsförderung. Sonderheft 03: Nationale Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung. S. 27 f. unter https://www.bzga.de/infomaterialien/fachpublikationen/sonderheft-03-nationale-empfehlungen-fuer-bewegung-und-bewegungsfoerderung/