WikiLeaks, die Enthüllungsplattform
WikiLeaks (von hawaiisch »wiki«, »schnell«, und englisch »leaks«, »Lecks«, »Löcher«, »undichte Stellen«) ist eine 2006 gegründete Enthüllungsplattform, auf der Dokumente anonym veröffentlicht werden (Whistleblowing), die durch Geheimhaltung als Verschlusssache, Vertraulichkeit, Zensur oder auf sonstige Weise in ihrer Zugänglichkeit beschränkt sind. WikiLeaks setzt dabei ein grundsätzliches öffentliches Interesse an den Informationen voraus. Das System, welches das Hochladen von Dateien ermöglicht, wird über das Anonymisierungsnetzwerk Tor realisiert.
Laut der Wikileaks-Website wurde die Enthüllungsplattform 2006 von Julian Assange gegründet.
Hintergrund
Der Kerngedanke von WikiLeaks ist die Idee des freien Zugangs zu Informationen, die öffentliche Angelegenheiten betreffen. Es führt damit frühere Projekte zur Förderung der Informationsfreiheit wie zum Beispiel Cryptome oder CL-Netz weiter. Das Projekt gibt an, denen zur Seite stehen zu wollen, »die unethisches Verhalten in ihren eigenen Regierungen und Unternehmen enthüllen wollen«. Dazu wurde nach eigenen Angaben ein System »für die massenweise und nicht auf den Absender zurückzuführende Veröffentlichung von geheimen Informationen und Analysen« geschaffen.
Der Name geht darauf zurück, dass zeitweise die Kommentierung von veröffentlichten Inhalten in einem Wiki bearbeitet werden konnte, was jedoch heute nicht mehr der Fall ist. Trotz ähnlichem Wortstamm und Schriftzug im Logo besteht keine Verbindung zwischen WikiLeaks und der Wikipedia oder der Wikimedia Foundation. Wiki steht jeweils unabhängig für ein Wiki-Prinzip.
Geschichte
Gegründet wurde WikiLeaks 2006 nach den Angaben der Website von Julian Assange. Es existiert auch die Darstellung, dass Wikileaks von chinesischen Dissidenten, Journalisten, Mathematikern und Technikern von Start-up-Unternehmen aus den USA, Taiwan, Europa, Australien und Südafrika gegründet wurde. Später wurden Zweifel an dieser Darstellung laut; WikiLeaks sei »im Kern ein Projekt von digitalen Politaktivisten aus westlichen Demokratien« gewesen. Die Gründer sind laut der WikiLeaks-Website anonym. Julian Assange war Initiator und die treibende Kraft in einer Gruppe von fünf Personen und diversen Unterstützern beim Beginn des Projekts und der Registrierung der Domains wikileaks.org, wikileaks.cn und wikileaks.info am 4. Oktober 2006. Von Assange ist sowohl bekannt, dass er sich »nicht als einen Gründer« bezeichnen wolle, als auch, dass ihm die Betonung genau dieses Begriffes wichtig war.[8][9][10]
Im Herbst 2009 hatte WikiLeaks sich zu einer zentralen Sammelstelle mit 1,2 Millionen Dokumenten von Regimekritikern und anonymen Quellen entwickelt. Unter anderem die Regierungen der Volksrepublik China sowie von Israel, Nordkorea, Russland, Simbabwe, Thailand und der Türkei sperrten den Zugang zu WikiLeaks zumindest zeitweise.
Auf dem 26. Chaos Communication Congress in Berlin stellten Ende 2009 WikiLeaks-Aktivisten, darunter Julian Assange, den Plan vor, in Island einen sogenannten »Datenhafen« zu errichten. Der Inselstaat ist wegen seiner modernen Mediengesetzgebung, an der die Mitarbeiter von WikiLeaks beratend mitwirkten, ein für WikiLeaks attraktives Land.
Im Dezember 2009 fand sich auf wikileaks.org statt der üblichen Seite nur noch ein Spendenaufruf und ein Video des WikiLeaks-Beitrags auf dem 26. Chaos Communication Congress. Auf der Seite wurde aufgrund mangelnden Budgets eine Inaktivität bis mindestens zum 18. Januar 2010 angegeben. Julian Assange, Sprecher von WikiLeaks, stimmte in einem Interview dem Vergleich mit einem Streik zu, um daran zu erinnern, dass die Arbeit von WikiLeaks einen Wert habe und auf Spenden angewiesen sei.Ab März 2010 war die Seite mit im Vergleich zu früher stark reduzierten Inhalten und ohne Wiki-Funktionalität wieder offen, der volle Funktionsumfang stand ab Mai 2010 wieder zur Verfügung.
Im November 2010 gründete WikiLeaks in Reykjavík eine Gesellschaft mit dem Namen Sunshine Press Productions. Als Verantwortliche traten neben Julian Assange auch Kristinn Hrafnsson, Ingi Ragnar Ingason und der Direktor des Londoner Centre for Investigative Journalism, Gavin MacFadyen auf. Laut Hrafnsson war aber noch nicht sicher, ob die Gesellschaft nur zur Entgegennahme von Spenden oder auch als Operationsbasis für den Informationsdienst dienen solle. Damit wurde die erste juristische Präsenz von WikiLeaks in einem Land geschaffen.
Seit September 2010 besteht keine Möglichkeit mehr, WikiLeaks auf einem gesicherten Weg Daten zukommen zu lassen. Neue Dokumente können daher nicht angenommen werden. Kristinn Hrafnsson führte dies im März 2011 auf die Mitnahme von Software und Daten bei einer Abspaltung von WikiLeaks im September zurück und äußerte gegenüber dem Magazin Focus, die Dauer dieses Zustandes sei »nicht absehbar«. Am 28. November 2011, dem ersten Jahrestag der Cablegate-Veröffentlichungen kündigte Julian Assange ein neues System zur sicheren Einreichung von Dokumenten an, das ohne das »kompromittierte« SSL-Protokoll auskommen solle und noch getestet werde. An anderer Stelle gab er jedoch zu, es habe sich um ein Ablenkungsmanöver vor der Veröffentlichung der Spy Files gehandelt.
Im Oktober 2011 gab WikiLeaks bekannt, die Veröffentlichung von geheimen Dokumenten vorübergehend auszusetzen, um sich auf das Einwerben von Spenden zu konzentrieren. Die monatlichen Spenden seien von ca. 72.300 Euro auf 5.000 Euro gefallen. Pro Jahr würden etwa 500.000 Euro benötigt, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Mehreren US-amerikanischen Zahlungsabwicklern wie VISA oder Mastercard wirft die Internetplattform vor, seit Monaten Spendengelder zu blockieren.[25][26] Bereits Anfang Dezember folgte dann jedoch der Beginn der Spy Files-Veröffentlichung.
Zu Beginn des Jahres 2021 entschied ein Londoner Gericht, dass der #WikiLeaks-Gründer #Assange nicht an die #USA ausgeliefert werden darf. Das Urteil stützte sich auf die Suizidgefahr des mittlerweile 49-jährigen.
Technik
Das Projekt verwendet für Veröffentlichung und Verteilung der Informationen verschiedene Software wie OpenSSL, I2P, Freenet, Tor und PGP. Die hierbei angewandten Verschlüsselungsmechanismen sollen die Anonymität und Unauffindbarkeit der Quellen sichern.
Mitarbeiter
WikiLeaks gab 2008 an, über einen Beirat (Advisory Board) zu verfügen; die genannten Personen dementierten jedoch später teilweise ihre Mitarbeit. Im Januar 2010 arbeiteten für WikiLeaks nach Angaben von Julian Assange fünf feste Mitarbeiter – bisher unentgeltlich – und etwa 1.000 Gelegenheitsbeiträger.
Von den Betreibern ist vor allem der australische Programmierer und Autor Julian Assange namentlich bekannt, der als treibende Kraft hinter dem Projekt gilt, des Weiteren der Deutsche Daniel Domscheit-Berg, der zunächst öffentlich nur unter dem Pseudonym Daniel Schmitt bekannt war und sich im September 2010 aufgrund interner Streitigkeiten mit Assange aus dem Projekt zurückzog und die eigene Plattform OpenLeaks gründete, die allerdings nie eine öffentlich wahrnehmbare Arbeit aufnahm. Kurz darauf taten es ihm fünf weitere führende Mitglieder gleich, darunter der Isländer Herbert Snorrason. Weiterhin tritt der ebenfalls aus Island stammende Kristinn Hrafnsson öffentlich als Mitarbeiter von WikiLeaks auf.
Daniel Domscheit-Berg kritisierte 2011 in seinem Buch Inside WikiLeaks die Mitarbeit des als Holocaustleugner geltenden Israel Schamir und indirekt die dessen Sohnes Johannes Wahlström bei WikiLeaks. »Als Antisemit ist mir Julian allerdings noch nie aufgefallen, höchstens als Israel-kritisch, was sich aber einzig auf die politische Führung des Landes bezog. Ich habe keine Ahnung, warum er heute [2011] einen offenkundigen Antisemiten in seinem Umfeld duldet.«
Auch die ehemalige isländische Parlamentsabgeordnete Birgitta Jónsdóttir sowie die Hacker Rop Gonggrijp und Jacob Appelbaum arbeiteten zeitweise bei WikiLeaks mit. Der Filmemacher und Kameramann Ingi Ragnar Ingason reiste mit Hrafnsson zu Recherchen für den Film »Collateral Murder« nach Bagdad und beteiligt sich an den geschäftlichen Aktivitäten in Reykjavík.
Der Journalist James Ball wechselte 2011 von WikiLeaks zur britischen Zeitung The Guardian. Er war nicht damit einverstanden, eine Verschwiegenheitserklärung zu unterzeichnen, die für den Fall der Weitergabe geleakter oder auch interner Informationen eine Konventionalstrafe von zwölf Millionen britischen Pfund vorsah. Julian Assange hatte diese Erklärung im Januar 2011 zehn Mitarbeitern zur Unterschrift vorgelegt.
Im Juni 2011 wurden mit Sarah Harrison und Joseph Farrell zwei weitere Mitarbeiter von WikiLeaks namentlich bekannt. Sie waren früher beim von Gavin MacFadyen geleiteten Centre for Investigative Journalism in London tätig. Sarah Harrison half im Juni 2013 dem #NSA-Whistleblower Edward Snowden, von Hongkong nach Russland zu reisen.
Personen im Kontext zu WikiLeaks
- Jacob Appelbaum
- Julian Assange
- James Ball
- Anke Domscheit-Berg
- Daniel Domscheit-Berg
- Suelette Dreyfus
- Rudolf Elmer
- Daniel Ellsberg
- Joseph Farrell
- Rop Gonggrijp
- Sarah Harrison
- Kristinn Hrafnsson
- Ingi Ragnar Ingason
- Birgitta Jónsdóttir
- Adrian Lamo (gestorben 2018)
- David Leigh
- Gavin MacFadyen (gestorben 2016)
- Chelsea Manning
- Theodor Reppe
- Israel Schamir
- Vaughan Smith
- Herbert Snorrason
- Sigurdur Thordarson
- Johannes Wahlström
- Chico Whitaker
Finanzierung
Da die Mitarbeiter von WikiLeaks unentgeltlich und von zu Hause aus arbeiten, sind die größten Kostenfaktoren die Serverkosten, Registrierungsgebühren und Bürokratiekosten. Im Jahr 2010 allerdings wurden erstmals Gehälter an sieben Personen ausgezahlt. Man orientierte sich dabei an den von Greenpeace gezahlten Gehältern von monatlich 5.500 Euro. Gerichtsgebühren machen aufgrund der Verwicklung in zahlreiche Prozesse ebenfalls einen Teil der Kosten von WikiLeaks aus. Die jährlichen Gesamtkosten belaufen sich nach eigenen Angaben auf rund 600.000 US-Dollar, die aus Spenden von Privatpersonen gedeckt werden. Spenden von Unternehmen oder Regierungen nimmt WikiLeaks nicht an. Der Zahlungsverkehr für Spenden an WikiLeaks wird vom isländisch-schweizerischen Unternehmen DataCell abgewickelt. Anwaltshonorare fallen bislang nicht an, da die Anwaltszeit gespendet wird, unter anderem von Unterstützern wie der Los Angeles Times, Associated Press und der National Newspaper Association. Kosten aus verlorenen Verfahren gibt es nach Angaben von Julian Assange bisher keine: »Strafzahlungen oder Schadenersatz noch nicht, wir haben bis jetzt alle Verfahren gewonnen.«
Chelsea Manning, die für die Lieferung von Informationen an die Organisation zu einer Freiheitsstrafe von 35 Jahren verurteilt wurde, wurde von WikiLeaks durch die teilweise Finanzierung ihrer Anwaltskosten auch materiell unterstützt. Die als gemeinnützig anerkannte deutsche Wau Holland Stiftung förderte das Projekt im Jahr 2010 mit 402.000 Euro aus den bei ihr eingegangenen Spendengeldern in einer Höhe von 1,332 Millionen Euro. 2011 gingen dort nur noch Spenden in Höhe von 139.401 Euro ein; 660.522 Euro wurden an WikiLeaks ausgeschüttet.
Erreichbarkeit und Vervielfältigung
Die Website von WikiLeaks wurde eine Zeit lang in Schweden beim Unternehmen PeRiQuito AB (PRQ) gehostet, später wurde auf Server in Frankreich sowie auf etliche »Mirrors« (Spiegelserver) gewechselt.
Als Reaktion auf die Versuche, den Webserver zu blockieren, baten die Organisatoren von WikiLeaks andere Netzwerkaktivisten öffentlich darum, die Webpräsenz massenhaft zu kopieren und auf eigenen Servern zur Verfügung zu stellen. Hierzu wurde der Prozess der Vervielfältigung der Webseite automatisiert. Der Aufruf stieß auf sehr große Resonanz.
Eine erste Liste dieser Spiegelserver, die zum Teil nur einen weiteren Namenseintrag darstellen, teilweise jedoch auch vollständige Kopien der Website sind, wurde am 5. Dezember 2010 auf dem Etherpad-Server der deutschen Piratenpartei veröffentlicht. Das Spiegeln der Webseite wurde auch von den Piratenparteien anderer Länder unterstützt. Am Abend des 5. Dezember 2010 waren auf 76 Servern unabhängige Kopien der #Website installiert worden. Eine Webseite verfolgte am 6. Dezember mit ihrem Automated Wikileaks mirror tracker über 800 Webserver, die an Spiegelungen von WikiLeaks beteiligt waren. Allerdings waren nicht alle aktuell oder erreichbar. Am 10. Dezember war die Zahl von 1600 Spiegelservern überschritten Laut Auskunft auf den Webseiten von WikiLeaks waren am 7. Dezember 2010 mehr als 1000 und am 14. Dezember über 2100 Spiegelserver in Betrieb.
Zusätzlich erklärten beispielsweise in Deutschland namhafte Webhosting-Anbieter ihre Unterstützung. Auch die französische Tageszeitung Libération, die norwegische Zeitung Dagsavisen und die NGO Reporter ohne Grenzen richteten Spiegelserver ein. Zum leichteren Auffinden der Spiegelserver werden auch Banner verbreitet, die automatisch auf aktuell funktionierende Adressen verlinken und somit die Funktion des Internet Domain Name Service provisorisch dezentralisieren.
Enthüllungen
Das erste Material mit Öffentlichkeitswirkung veröffentlichte WikiLeaks 2007. Thema war Korruption in Milliardenhöhe in der Familie des ehemaligen kenianischen Präsidenten Daniel arap Moi. Es wurde am 31. August 2007 im Guardian veröffentlicht. 2008 drehten sich die Veröffentlichungen um interne Dokumente der Julius Baer Bank & Trust Company, Inhalte der Scientology-Kirche, die Mitgliederliste der British National Party und Internetsperrlisten verschiedener Länder. Im selben Jahr gab es auch erste Rechtsstreitigkeiten mit dem Religious Technology Centre, einer Unterorganisation der Scientology-Kirche.
2009 publizierte WikiLeaks ein internes Dokument der Kaupthing-Bank, den Minton-Report über toxische Abfälle in der Elfenbeinküste, einen Entwurf des geheimen Abkommens zwischen der Europäischen Union und den USA zur Auswertung und Weitergabe europäischer Bankdaten an die USA, Nachrichten von Funkmeldeempfängern (Pagern) am Tag der Terroranschläge am 11. September 2001, E-Mails von Wissenschaftlern der Climatic Research Unit der University of East Anglia, Auszüge aus den geheimen Toll-Collect-Verträgen und einen Feldjäger-Report zu einer umstrittenen Bombardierung zweier Tanklaster in Afghanistan.
2010 veröffentlichte WikiLeaks ein Dokument über mögliche PR-Strategien der US-amerikanischen Geheimdienste in Deutschland und Frankreich und Planungsdokumente zur Loveparade 2010. Ebenfalls in diesem Jahr wurde eine neue Linie in der Veröffentlichungspraxis eingeschlagen. So wurde mit dem Video zu den Luftangriffen in Bagdad vom 12. Juli 2007 erstmals Material veröffentlicht, das mit Sicht auf den Endkonsumenten journalistisch aufbereitet war und mit »Collateral Murder« einen griffigen Titel erhielt. Außerdem wurde mit der Publikation des »Afghan War Diarys« und der »Iraq War Logs« intensiv mit verschiedenen Medienunternehmen zusammengearbeitet. Beide Publikationen waren jeweils die größte Veröffentlichung von Dokumenten des Militärs der USA.
Für internationales Aufsehen sorgte ab dem 28. November 2010 die Veröffentlichung von rund einer Viertelmillion diplomatischer US-Berichte über zahlreiche Regierungen und deren Mitglieder in aller Welt. Sie wurde als Cablegate bekannt. Bis zum 20. August 2011 waren in verschiedenen Tranchen 19.791 Dokumente veröffentlicht.[66] In den folgenden Tagen wurde das Tempo der Freigabe massiv erhöht und zehntausende weitere Dokumente innerhalb kurzer Zeit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Am 27. August belief sich die Zahl der einsehbaren Depeschen auf 143.014. Etwa zeitgleich wurde durch einen Pressebericht bekannt, dass eine als cables.csv bezeichnete verschlüsselte Datei von 1,73 Gigabyte Umfang ebenso wie der dazugehörige Schlüssel im Internet verfügbar sei. Das Passwort war in einem Buch von David Leigh veröffentlicht worden – er dachte, es sei nicht mehr gültig. Die Datei enthielt die vollständige, unredigierte Sammlung der Botschaftsdepeschen. Nach der Datenpanne gab WikiLeaks selbst die komplette Sammlung der Depeschen frei.
Ab Ostern 2011 veröffentlichte WikiLeaks innerhalb von vier Wochen unter dem Titel Gitmo files 765 Dateien zu dem umstrittenen Gefangenenlager auf der Guantanamo Bay Naval Base, in dem zu diesem Zeitpunkt noch 172 Gefangene einsaßen. Die als »geheim« eingestuften Militärdokumente stammen aus der Zeit von 2002 bis 2007 und beziehen sich auf jeweils einen Gefangenen. Die US-amerikanische Regierung bestätigte die Echtheit der Dokumente und bedauerte deren Offenlegung.
Anfang Dezember 2011 begann WikiLeaks unter der Bezeichnung The Spy Files mit der Veröffentlichung von zunächst 287 Dateien aus dem Bereich von Unternehmen der Sicherheits- und Überwachungstechnik und kündigte die Fortsetzung in das Jahr 2012 hinein an. WikiLeaks hatte mit der ARD, L’Espresso und der Washington Post zusammengearbeitet. Die zunächst zusammengestellten Dokumente waren überwiegend bereits zugänglich, ihre Zusammenfassung an einem Ort und die Möglichkeit, sie mit Hilfe einer interaktiven Karte zu durchsuchen, wurden aber als umfassend und nützlich bewertet. WikiLeaks sei mit dem Anprangern einer Branche, die Überwachungstechnologie an Staaten mit zweifelhafter Menschenrechtssituation und diktatorischen Regimes liefere, auf dem Weg zu einer »Kampagnenplattform«.
Ende Februar 2012 begann WikiLeaks unter dem Titel The Global Intelligence Files in Kooperation mit 25 Medienpartnern mit der Veröffentlichung von internen E-Mails des US-amerikanischen Unternehmens Stratfor, das seinen Kunden Analysen zur Geopolitik anbietet. WikiLeaks behauptete, im Besitz von fünf Millionen E-Mails aus dem Zeitraum zwischen Juli 2004 und Dezember 2011 zu sein und veröffentlichte am ersten Tag 214 davon. Die Absicht war, das Informantennetz des Unternehmens zu enttarnen und darzustellen, dass Stratfor mit fragwürdigen oder illegalen Methoden arbeite, eine enge Beziehung zu Nachrichtendiensten habe und damit selbst ein privat arbeitender und unkontrollierter Geheimdienst sei. Die Beschaffung der Daten wird dem Kollektiv Anonymous zugeschrieben.
Ab Anfang Juli 2012 begann WikiLeaks E-Mails syrischer Politiker und weiterer Persönlichkeiten sowie von syrischen Ministerien und Unternehmen online zugänglich zu machen. Insgesamt ist die Veröffentlichung von zwei Millionen »Syria Files« der Jahre 2006 bis 2012 geplant, die in einer öffentlich durchsuchbaren Datenbank gesammelt werden sollen. Dabei arbeitet WikiLeaks mit mehreren Medienpartnern, darunter dem deutschen NDR, zusammen, um die Nachrichten zu analysieren.
Ab Ende Oktober 2012 veröffentlichte WikiLeaks unter der Bezeichnung Detainee Policies Dokumente über die Behandlung von Gefangenen in US-amerikanischen Militärgefängnissen und Gefangenenlagern. Der erste der veröffentlichten Texte beschreibt auf 33 Seiten Standardvorgehensweisen, die 2002 für Gefangene des Camp Delta in den Gefangenenlagern der Guantanamo Bay Naval Base erlassen wurden. Weitere Dokumente enthalten unter anderem die Vorgaben für die Bekämpfung eines möglichen Gefangenenaufstandes im Militärgefängnis der Mannheimer Coleman Barracks[88] Insgesamt sollen im Laufe eines Monats rund 100 Dokumente veröffentlicht werden, die auch das Abu-Ghuraib-Gefängnis und Camp Bucca betreffen.
Im Mai 2014 veröffentlichte WikiLeaks 244 ältere Teilnehmerlisten und Protokolle der Bilderberg-Konferenzen. Im Mai 2015 veröffentlichte WikiLeaks Protokolle aus zehn Monaten des laufenden NSA-Untersuchungsausschuss. Seit Juni 2015 veröffentlicht WikiLeaks Geheimdokumente und Daten saudi-arabischer Botschaften. Im Juli 2015 veröffentlichte WikiLeaks Geheimdokumente die belegten, dass auch Minister, Staatssekretäre und Spitzenbeamte abgehört wurden, und nicht nur Angela Merkel. Die Spähaffäre betrifft unter anderem die EZB, das Wirtschaftsministerium, das Bundesfinanzministerium, das Landwirtschaftsministerium und weitere. Insgesamt wurden 69 Telefonanschlüsse belauscht. Die Dokumente weisen einen Zeitraum von 2010 bis 2012 auf. Allerdings ist unklar, wann und wie lange diese Spähaktion stattfand. Man geht davon aus, dass die Spähaktion schon in den 1990er Jahren angefangen hat.
Im April 2016 gab WikiLeaks den Mitschnitt einer Telefonkonferenz des Internationalen Währungsfonds (IWF) frei. Deren Thematik waren Planspiele um die weitere Bewältigung der griechischen Staatsschuldenkrise und »die Verhandlungsstrategie des IWF und das Misstrauen seiner Mitglieder gegenüber den Zusagen der griechischen Regierung und denen der europäischen Kreditgeber.« Im Juli 2016 begann WikiLeaks vier Tage nach dem Putschversuch in der Türkei auf einer Suchwebsite mit der Veröffentlichung von 294.548 E-Mails der türkischen Regierungspartei Adalet ve Kalkınma Partisi (AKP). Der Inhalt der E-Mails beziehe sich aber meist nicht auf Interna der Regierung, sondern auf »Beziehungen mit der Welt«.
Konflikte, Zensurversuche und Gegenmaßnahmen
Sperrung der deutschen WikiLeaks-Domain 2009
Im April 2009 wurde die seit 2006 von Theodor Reppe betriebene Domain wikileaks.de, die als Alternativadresse eine reine Weiterleitung auf die Domain wikileaks.org war, laut einer Presseerklärung auf WikiLeaks »ohne Vorwarnung durch die deutsche Registrierungsstelle DENIC gesperrt«; seitdem zeigte der A Resource Record auf eine IP-Adresse der DENIC. Es stellte sich jedoch heraus, dass der Provider dem Domaininhaber schon im Dezember 2008 gekündigt hatte und bis zum Ende der Kündigungsfrist kein neuer Provider benannt worden war. Wenig später war WikiLeaks dann auch unter der deutschen Top-Level-Domain über wikileaks.de wieder erreichbar.
Sperrung der iranischen WikiLeaks-Domain 2009
Im Juli 2009 blockierte der Iran die meisten von WikiLeaks verwendeten Domainnamen, nachdem auf der Seite über einen angeblichen Unfall in der Nuklearanlage Natanz berichtet worden war.
Interna des US-Geheimdienstes
Am 15. März 2010 wurde ein internes Dokument des US-Geheimdienstes CIA bei WikiLeaks veröffentlicht, in dem die CIA beschreibt, warum sie WikiLeaks als problematisch einschätzt, und Methoden erläutert, wie man gegen Whistleblower und WikiLeaks-Mitarbeiter vorgehen und somit WikiLeaks schwächen könne. Der Geheimdienst befürchtet laut dem Dokument einerseits, dass es auch in den eigenen Reihen Whistleblower und bei WikiLeaks weitere unveröffentlichte geheime Dokumente geben könne, andererseits aber auch, dass WikiLeaks verwendet werden könne, um falsche oder gefälschte Informationen zu streuen. Es wird empfohlen, Anstrengungen zu unternehmen, die Geheimniszuträger von WikiLeaks zu verfolgen und offenzulegen. Dadurch erhofft man sich, dass das Vertrauen der Whistleblower in WikiLeaks stark geschwächt wird und die Unterstützergemeinschaft zusammenbricht.
DDoS-Attacken auf WikiLeaks
WikiLeaks war am 28. November 2010 nach eigenen Angaben Opfer eines Distributed-Denial-of-Service-Angriffs. Er erfolgte wenige Stunden vor der angekündigten Veröffentlichung geheimer Dokumente des US-amerikanischen Außenministeriums. Als Antwort auf die andauernden DDoS-Angriffe auf WikiLeaks und seine Spiegelserver begannen Internetaktivisten von Anonymous ihrerseits die Operation Payback mit DDoS-Angriffen auf Unternehmen, die sich gegen WikiLeaks stellen. WikiLeaks distanzierte sich von den Angriffen und bestritt Kontakt mit den Tätern, behauptete aber, dass die Aktion die öffentliche Meinung widerspiegele. Auch im August 2011 wurde WikiLeaks im Gefolge der nun forcierten Veröffentlichung US-amerikanischer Botschaftsdepeschen mit einer Denial-of-Service-Attacke angegriffen. Ein Jahr später kam es zu weiteren derartigen Angriffen, zu denen sich eine bis dahin unbekannte Gruppe namens »Antileaks« bekannte. Sie erfolgten in direktem zeitlichem Zusammenhang zu der Veröffentlichung von Unterlagen über das US-amerikanische Überwachungssystem TrapWire.
Nach der Ankündigung, E-Mails aus den Kreisen der türkischen Regierungspartei AKP zu veröffentlichen, erfolgten kurze Zeit später umfangreiche DDoS-Angriffe auf die Infrastruktur von WikiLeaks. Die Quelle der Angriffe ist unbekannt. WikiLeaks selbst vermutet die Angreifer auf Grund des zeitlichen Zusammenhangs in der türkischen Regierung oder bei ihr nahestehenden Stellen.
Sperrung der Amazon-Server
Für die Veröffentlichung einer großen Zahl von Dokumenten im November 2010 wich WikiLeaks nach den vorangegangenen DDoS-Attacken auf Server des Amazon Web Services aus. Diese Server wurden jedoch bereits nach wenigen Tagen für WikiLeaks gesperrt. Nach mehreren übereinstimmenden Medienberichten geschah dies auf öffentlichen Druck seitens des US-amerikanischen Senators Joe Lieberman, was von Amazon aber bestritten wurde. Der Grund der Sperrung sei vielmehr gewesen, dass WikiLeaks gegen die Geschäftsbestimmungen von Amazon verstoßen habe. So sähen die Geschäftsbedingungen von Amazons Web-Dienstleistungen vor, dass der Kunde die Rechte an den Inhalten halte und deren Einsatz niemandem Schaden zufüge. Es sei klar, dass WikiLeaks nicht über die Rechte an den vertraulichen Dokumenten verfüge, und bei der großen Zahl von 250.000 Dokumenten sei nicht gesichert, dass durch deren Veröffentlichung nicht Unschuldige wie etwa Menschenrechtler in Gefahr gerieten, argumentierte Amazon.
Als Reaktion auf die Sperrung erklärten zahlreiche Internet-Aktivisten und Mitglieder kriegskritischer Organisationen, wie zum Beispiel Daniel Ellsberg, ein bedeutender Whistleblower des Vietnamkriegs, spontan den Boykott und die Kündigung von Geschäftsbeziehungen zu Amazon.
Sperrung der Domain wikileaks.org
Am 3. Dezember 2010 entzog der kostenlose US-Dienstleister everydns.net WikiLeaks die Domain wikileaks.org und begründete diese Maßnahme mit »anhaltenden DDoS-Angriffen« auf ihre Server, welche die Stabilität ihres Dienstes für andere Nutzer gefährden würde. Vorübergehend war nur noch ein Zugriff über die Adresse http://46.59.1.2/ möglich. Am selben Tag teilte WikiLeaks über Twitter mit, dass es über die Schweizer Domain wikileaks.ch erreichbar sei. Registriert hatte diese Domain die Piratenpartei Schweiz. Diese Verlinkung auf die Schweizer Website wikileaks.ch war rund zwei Stunden am Abend des 3. Dezembers 2010 ebenfalls nicht mehr über DNS-Auflösung erreichbar. Danach wurden mehrere Nameserver als Ersatz zur Verfügung gestellt. Die Internetadressen »wikileaks.de« und »wikileaks.at« sowie »wikileaks.eu« waren weiterhin erreichbar; dies galt ab Ende Mai 2011 auch wieder für »wikileaks.org«.
Deaktivierung von Spendenmöglichkeiten
Am 4. Dezember 2010 schaltete der zu eBay gehörende Internet-Bezahldienst PayPal das Konto der Wau Holland Stiftung ab, über das WikiLeaks einen Teil seiner Spenden abwickelte, mit der Begründung, die allgemeinen Geschäftsbedingungen legten fest, dass PayPal nicht für die Ermutigung, Unterstützung, Vereinfachung, Förderung oder Anleitung Dritter zum illegalen Handeln genutzt werden dürfe.
Am 6. Dezember 2010 gab ein Sprecher des US-Kreditkartenunternehmens Mastercard bekannt, dass der Zahlungsverkehr mit WikiLeaks eingestellt wurde. Grund sei die Regel, wonach Kunden gesperrt würden, die »illegale Handlungen direkt oder indirekt unterstützen oder erleichtern«.
Ebenfalls am 6. Dezember 2010 sperrte die Schweizer Postfinance das Konto des WikiLeaks-Mitarbeiters Julian Assange. Assange habe bei der Kontoeröffnung als Domizil Genf angegeben. Da sich dies laut Postfinance als Unwahrheit herausstellte, wurde das Konto geschlossen. Assange habe kein Domizil in der Schweiz, was für ausländische Kunden außerhalb der angrenzenden Länder zur Schweiz eine Voraussetzung für eine Geschäftsbeziehung sei. Zudem wies Postfinance auf eine vom Ständerat am 30. November 2010 in das Postgesetz aufgenommene Bestimmung hin, die es ihr ermögliche, Geschäftsbeziehungen aufzuheben, die dem öffentlichen und dem sittlichen Empfinden zuwiderliefen. Zu diesem Zeitpunkt jedoch hatte der Nationalrat diese neue Gesetzgebung noch nicht verabschiedet, sie war daher noch nicht rechtskräftig und der Verweis seitens Postfinance auf diese neue Gesetzesbestimmung irrelevant und überflüssig.
Am 7. Dezember 2010 teilte Visa mit, dass über ihre Einrichtungen nun ebenfalls keine Spenden mehr an WikiLeaks entrichtet werden können.
Mitte Dezember gab die Bank of America bekannt, jegliche Transferaufträge von und zu WikiLeaks-Konten einzustellen. Journalisten deuteten diesen Schritt als eine Reaktion auf die Ankündigung von Julian Assange im Wirtschaftsmagazin Forbes, Dokumente einer »amerikanischen Großbank« zu veröffentlichen. WikiLeaks seinerseits rief seine Sympathisanten über Twitter dazu auf, nicht mehr mit der Bank of America zusammenzuarbeiten, Konten zu schließen und ihr Geld an »sichereren« Orten anzulegen. Der Konflikt weitete sich aus: Die Bank of America kaufte vorsorglich Domains auf, deren Verwendung ihr Führungspersonal beleidigen würde und brachte sich dadurch ins Gespräch. Über Twitter kündigten Aktivisten der Operation Payback bereits Stunden vor dem tatsächlichen Eintreten am 27. Dezember 2010 eine DDoS-Attacke auf die Webseite der Bank an. Die Hauptseite der Bank war an diesem Tag nur noch unregelmäßig erreichbar. Im Januar 2011 wurde bekannt, dass die Bank of America ein spezielles Team gebildet hatte, um nach möglichen Informationslecks zu suchen und auf eine Veröffentlichung interner Dokumente vorbereitet zu sein. Dies geschah, wiederum durch Aktivisten von Anonymous, dann zwei Monate später.
Wenige Tage nach dem Vorgehen der Bank of America gegen WikiLeaks entfernte Apple eine App aus seinem App Store, die es ermöglichte, die WikiLeaks-Inhalte einzusehen und mit einem Teil des Kaufpreises eine Spende von einem US-Dollar an WikiLeaks zu entrichten. Die App selber war keine offizielle App von WikiLeaks, sondern wurde durch einen privaten Entwickler hergestellt. Zunächst hieß es, dies widerspreche einer Grundregel von Apple, wonach Apps, die zum Spendensammeln gedacht seien, kostenlos sein müssten. Dann erklärte Apple, man habe die App wegen Verstoßes gegen die Entwickler-Richtlinien aus dem Apple-Store genommen. Apps müssen allen lokalen Gesetzen entsprechen und dürfen Individuen oder Zielgruppen nicht gefährden. Über den Browser des Gerätes sind die Inhalte von WikiLeaks weiterhin verfügbar.
Trotz dieser Erschwernisse verbleiben noch Möglichkeiten, Spenden an WikiLeaks zu überweisen.
Die Sperrung von Unterstützungsmöglichkeiten durch Zahlungsdienstleister ohne gesetzliche Grundlage in Verbindung mit den Auswirkungen der Finanzkrise, welche die öffentlichen Haushalte oft stark belastete, führte dazu, dass alternative Zahlungssysteme verstärkt Aufmerksamkeit bekamen. Insbesondere Bitcoin, ein Open-Source-Projekt, welches durch ein Peer-to-Peer System eine dezentrale elektronische Währung implementiert, wurde als mögliche Antwort auf solche Einflussnahmen angesehen. Da die Sperre anhielt, ohne dass es selbst nach Auffassung von Timothy F. Geithner eine rechtliche Grundlage dafür gibt, rief WikiLeaks dazu auf, Bitcoin zur Übermittlung von Spenden zu nutzen und erklärte im Oktober 2011, aufgrund seiner schlechten wirtschaftlichen Situation zunächst keine weiteren Veröffentlichungen herauszugeben, sondern sich stattdessen auf eine erneute Spendenkampagne zu konzentrieren. Gegen die finanzielle Blockade durch VISA, Mastercard, die Bank of America, PayPal und Western Union werde juristisch vorgegangen. Eine Einstellung der Arbeit von WikiLeaks sei möglich.
Versuch der US-Regierung, personenbezogene Daten von Twitter zu erhalten
Im Januar 2011 wurde bekannt, dass im vorangegangenen Dezember eine Bundesrichterin der USA eine geheime, strafbewehrte Auskunftsanordnung (Subpoena) an Twitter geschickt hatte, Daten über Benutzeraccounts, die WikiLeaks zugeordnet werden, an das US-Justizministerium auszuhändigen. Angefordert wurden alle verfügbaren Daten über Personen, deren Aktivitäten auf Twitter sowie Netzwerkinformationen, wie etwa IP-Adressen, die in diesem Zusammenhang anfielen. Twitter, ein US-amerikanisches Unternehmen, musste dies zunächst geheim halten. Erst nach einer weiteren Gerichtsentscheidung konnte Twitter die Benutzer informieren. Ihnen blieb Zeit bis zum 17. Januar, mit Rechtsmitteln gegen das Auskunftsersuchen vorzugehen, was sie mit Hilfe der US-amerikanischen Bürgerrechtsorganisationen Electronic Frontier Foundation und American Civil Liberties Union auch taten. Konkret betroffen waren Julian Assange, Rop Gonggrijp, Jacob Appelbaum und die isländische Parlamentsabgeordnete Birgitta Jónsdóttir. Sie kündigte an, einen Anwalt und den Justizminister ihres Landes hinzuzuziehen. Die Minister Ögmundur Jónasson und Össur Skarphéðinsson sprachen sich deutlich gegen die US-amerikanische Handlungsweise aus. Letzterer bestellte den US-amerikanischen Botschafter ein, um formellen Protest gegen das Vorgehen der USA einzulegen. Am 11. März entschied ein US-Bundesgericht, Twitter müsse die strittigen Daten herausgeben. Die Betroffenen gingen in Berufung und bis zum Oktober 2011 legte Twitter diese Daten nicht offen. Im November entschied ein Bundesbezirksgericht in Virginia jedoch, dass Twitter die Daten von Gonggrjip, Appelbaum und Jónsdóttir herausgeben müsse. Die Betroffenen wandten sich an das Bundesberufungsgericht, um die Entscheidung überprüfen zu lassen. Jónsdóttir kündigte außerdem an, mit Hilfe des Europarates gegen das Urteil vorzugehen. Die Interparlamentarische Union hatte im Monat vorher eine Resolution beschlossen, die das Vorhaben des US-Justizministeriums verurteilt.
Auch der Internetprovider Sonic.net Inc. und Google Inc. sollten Auskunft über personenbezogene Daten Jacob Appelbaums erteilen. Sonic.net musste in der Auseinandersetzung nachgeben; beide Unternehmen gingen vor Gericht, um Öffentlichkeit für das Ersuchen der Regierung zu erzwingen.
Quellenschutz
Im August 2010 meldeten sich schwedische Verfassungsexperten mit der Einschätzung zu Wort, es sei korrekt, dass Schweden einen umfassenden Quellenschutz für Journalisten besitze, dieser aber nur dann bei traditionellen und Internetmedien gelte, wenn sie den »Utgivningsbevis« – eine spezielle schwedische Lizenz – vorweisen könnten. Diese fehle WikiLeaks allerdings. Aus diesem Grund hätte sich WikiLeaks im Konfliktfall nicht auf den schwedischen Quellenschutz berufen können. Noch im August erklärte Julian Assange, als Kolumnist für die schwedische Boulevard-Zeitung Aftonbladet zu arbeiten und aktivierte damit den schwedischen Quellenschutz für WikiLeaks.
Besondere Aufmerksamkeit erregte die vermeintliche Enttarnung der Informantin Chelsea Manning. Die US-Soldatin wurde nach der Veröffentlichung von Videoaufnahmen aus einem im Irak operierenden Apache-Hubschrauber verhaftet. Der Soldatin wird vorgeworfen, geheime Informationen unberechtigt weitergeleitet zu haben. Anfangs war nicht klar, wie Manning enttarnt werden konnte, aber mittlerweile wurden angebliche Chatprotokolle veröffentlicht, in denen sich die Informantin gegenüber dem Hacker Adrian Lamo selbst verriet.
Sperrungsversuche und Gegenmaßnahmen
Hintergrund der Vielzahl von Internetadressen (Mirrorseiten) der Plattform WikiLeaks ist, dass die Regierung der USA und insbesondere Politiker wie Joe Lieberman Unternehmen, die Internet-Dienstleistungen für WikiLeaks erbringen, dazu drängen, solche Dienste zu verweigern. Hierbei gibt es zwei Angriffspunkte: Ein Webhoster, der einen Server betreibt, kann gezwungen werden, diesen abzuschalten. Zweitens kann eine Löschung des Domain-Namens den Zugriff auf die Daten erschweren, da dann dem Besucher einer Website stattdessen die aktuelle IP-Adresse des Servers bekannt sein muss. Für die Webbrowser Firefox und Chrome gibt es Add-ons, mit deren Hilfe Internetadressen weiterhin angesteuert werden können, auch wenn der Domain-Name blockiert oder gelöscht wurde. Das Ministerium für Innere Sicherheit der Vereinigten Staaten setzt Anbieter solcher Software unter Druck und hat die Mozilla Foundation erfolglos aufgefordert, ein derartiges Add-on nicht mehr anzubieten. Die Angriffe auf die Internetadresse www.wikileaks.org im Dezember 2010 hatten zur Folge, dass durch weltweite Unterstützung der Plattform binnen weniger Tage mehr als 2000 Mirrorseiten von WikiLeaks online gingen.
Ein direkter Eingriff seitens der Regierung ist in den USA aufgrund des hohen Stellenwerts der freien Meinungsäußerung (Free Speech) und der verfassungsmäßigen Hürden des First Amendment rechtlich und politisch problematisch. Im Urteil zu den Pentagon-Papieren wurde zur Zeit des Vietnamkriegs festgestellt, dass auch streng geheime (Top secret) Unterlagen von investigativen Journalisten veröffentlicht werden dürfen.
Domains können durch die Verwalter oder durch Internetprovider auf Anweisung durch staatliche Stellen relativ einfach blockiert werden. Zum Beispiel können Domainnamen gesperrt werden, welche die Zeichenfolge »wikileaks« enthalten. Die Sperrung von IP-Adressen zu Servern von WikiLeaks ist aufwendiger, da hierzu alle verwendeten IP-Adressen bekannt sein müssen. Je nach Art des verwendeten Zensurverfahrens ergibt sich eine unterschiedliche Effektivität der Sperrung. Bei einer großen Anzahl von Spiegelservern zusammen mit der Verfügbarkeit von Proxydiensten wie Tor erscheint eine vollständige Sperrung unwahrscheinlich.
Als Maßnahme gegen Sperrungen hat WikiLeaks im November 2010 damit begonnen, sowohl Domainnamen (»Webadressen«) des Domain Name Systems als auch numerische IP-Adressen zu ändern. Für die Domainnamen verwendet WikiLeaks verschiedene Top-Level-Domains. Dazu gehören auch länderspezifische Top-Level-Domains, die nach der Vergabe durch die US-amerikanische ICANN unter Verwaltung der einzelnen Länder stehen. Aktualisierte Adressen werden unter anderem über den Dienst Twitter verbreitet.
Nutzung verschlüsselter und dezentraler Internetkommunikation
WikiLeaks setzt als Gegenmaßnahme zum einen eine Reihe von bekannten und weitverbreiteten Techniken zur Verschlüsselung ein, darunter das Secure-Shell-Protokoll, das verschlüsselte Tor-Netzwerk mit »Onion-Routing« sowie asymmetrische Verschlüsselungsverfahren wie GnuPG und RSA-Verschlüsselung zur sicheren Verschlüsselung der E-Mails von Informanten. Auf der anderen Seite werden (teilweise oder vollständig) dezentrale Dienste wie BitTorrent, Magnet-Links und das Gnutella-Filesharing-Protokoll mit Clients wie LimeWire und Transmission eingesetzt. Sowohl strikt dezentral als auch stark verschlüsselt sind schließlich die Verbindungen und die Dienste des Invisible Internet Project (I2P) als Nachfolger des Freenet. So werden alle früheren Veröffentlichungen von WikiLeaks über ein Archiv angeboten, das von der Webseite heruntergeladen werden kann und dann den dezentralen Download mit einem BitTorrent-Client ermöglicht.
Viele dieser Netzwerkdienste sind speziell für den sicheren Einsatz in Regionen mit autoritären Regierungen und eingeschränkter Freiheit und Vertraulichkeit von Kommunikation gedacht, und die zugehörigen Programme werden als Open-Source-Software kollektiv erstellt, überprüft und mit Prüfsummen, das heißt kryptografischen Hashfunktionen versehen in Distributionen verteilt, was einer Kompromittierung der Software zum Beispiel durch Geheimdienste entgegenwirkt.
Insbesondere gegen Assange gab es seit den Veröffentlichungen zu den Kriegen in Irak und Afghanistan zahlreiche Drohungen bis hin zu Mordaufrufen. Assange gab in einem Interview an, dass als Sicherungsmaßnahme gegen eine physische Bedrohung der Organisatoren von WikiLeaks eine weitere Datei existiert, die mit dem AES-256 Verfahren verschlüsselt als »Lebensversicherung« (Life Insurance) dient und zahlreiche weitere Nachrichten enthält. Die Datei namens insurance.aes256 mit unbekanntem Schlüssel ist rund 1,4 Gigabyte groß und wird ebenfalls über BitTorrent verbreitet. Wenn einem Mitarbeiter von WikiLeaks etwas zustoße, werde der Schlüssel automatisch veröffentlicht. Am 16. August 2013 veröffentlichte WikiLeaks drei weitere "Insurance Files"; die verschlüsselten Dateien sind 3,6, 49 und 349 Gigabyte groß und sind als Torrent bereitgestellt. Am 17. Juni 2016 veröffentlichte WikiLeaks eine neue, 88 Gigabyte große »Insurance«-Datei, die als Torrent bereitsteht. Die Veröffentlichung von 2016 steht mit der E-Mail-Affäre der US-Präsidentschaftkandidatin Hillary Clinton in Verbindung.
Kontroverse
Kommentatoren äußern, es handele sich um einen neuartigen fundamentalen Konflikt um eine Hegemonie der Informationsverbreitung, bei dem bisherige Strukturen und Machtverhältnisse gegen Veränderungen kämpfen, welche die digitale Öffentlichkeit mit sich bringe. »The most obvious lesson is that it represents the first really sustained confrontation between the established order and the culture of the internet.« (John Naugthon) Manche dieser Positionen befinden sich in inhaltlicher Nähe zu einem Spektrum libertärer herrschaftskritischer Positionen der Netzpolitik, die sich zum Beispiel an die historische Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace anlehnen. Auch Internetpioniere wie Tim Berners-Lee betonen die besondere Wichtigkeit von freier Rede im Internet und die Unabhängigkeit von Zensurversuchen der Regierungen.
Wegen dieser Grundsatzdiskussion und der breiten öffentlichen Aufmerksamkeit, existieren zahllose Beiträge unterschiedlicher Personen und Organisationen, die sich mit der unregulierten Veröffentlichung von Informationen im Allgemeinen und dem spezifischen Vorgehen bzw. den organisatorischen Strukturen von WikiLeaks auseinandersetzen.
Der Historiker Karl Schlögel beispielsweise verweist darauf, dass die Bolschewiki und die USA nach dem Ersten Weltkrieg einen Kampf gegen die Geheimdiplomatie der »alten Welt« geführt hätten. So seien staatlicherseits alle vorhandenen Dokumente herausgegeben worden; eine Aufgabe, der sich WikiLeaks heute gegen den Willen der betroffenen Staaten widmet. Dabei verweist Schlögel auch auf das 14-Punkte-Programm von Woodrow Wilson, dessen erster Punkt heißt: »… die Diplomatie soll immer aufrichtig und vor aller Welt getrieben werden.«
Unterstützung
Nach Tracy Schmidt vom Nachrichtenmagazin »Time« könnte sich WikiLeaks zu einem ebenso wichtigen journalistischen Werkzeug wie der Freedom of Information Act entwickeln. WikiLeaks selbst betrachtet sich auch als Zulieferer für investigativen Journalismus.
Der Politikwissenschaftler Hans J. Kleinsteuber hält WikiLeaks für eine nützliche Erfindung, da »viele Verfahren viel zu intransparent sind«. Als Mächtiger habe man ein Interesse, sich hinter schützenden Barrieren zu verschanzen und tue alles dafür, den Ruf des Denunzianten in der Öffentlichkeit zu verunglimpfen.
Historisch wichtige Publikationen wie die Pentagon-Papiere werden in Kommentaren immer wieder als Beispiele für die Wichtigkeit solcher investigativer Veröffentlichungen genannt, und auch viele Stellungnahmen und Kommentare greifen frühere zu diesen Papieren geäußerte Positionen auf. Der damalige Informant Daniel Ellsberg tritt entschieden für WikiLeaks ein und ist dem Projekt seit seiner Gründung 2006 freundschaftlich verbunden. Er äußerte, es seien nicht die Enthüllungen, sondern »Schweigen und Lügen«, wodurch Menschen in Gefahr gebracht würden.
Mehrere deutsche Medien veröffentlichten im Dezember 2010 einen »Appell gegen die Kriminalisierung von Wikileaks«. Initiatoren waren die Tageszeitung (taz), Frankfurter Rundschau, der Freitag, der Tagesspiegel und der Perlentaucher. Weitere Medien, wie die Berliner Zeitung, Telepolis und das Neue Deutschland schlossen sich an. In dem Aufruf hieß es, WikiLeaks als Internetmedium müsse den gleichen Schutz genießen wie die klassischen Medien.
Anlässlich einer Konferenz zur Meinungs- und Pressefreiheit, die der Verleihung des Nürnberger Menschenrechtspreises 2011 vorausging, verteidigte der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung Frank La Rue WikiLeaks und erklärte bezugnehmend auf die Kriege im Irak und Afghanistan, die Veröffentlichungen hätten die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten nicht gefährdet. Er wandte sich gegen eine strafrechtliche Verfolgung von Julian Assange und wiederholte damit seine Aussage vom Dezember 2010, WikiLeaks als Medium könne im Gegensatz zu Whistleblowern wegen seiner Veröffentlichungen nicht strafrechtlich belangt werden; sie seien ein Ausdruck der freien Meinungsäußerung.
Kritik
Thomas Thiel kritisierte in der FAZ die Anonymität und die fehlende Kontrolle von WikiLeaks. Dort würden auch klar als Fälschung erkennbare Dokumente veröffentlicht. WikiLeaks argumentiert, dass diese Dokumente von Anfang an klar als Fälschung markiert gewesen seien und eine Veröffentlichung der Dokumente im Kontext anderer Informationen wichtig sei. Nach demselben Prinzip wurde auch ein als gefälscht erkannter angeblicher HIV-Test des Apple-Chefs Steve Jobs, der in Börsenkreisen zur Manipulation des Apple-Aktienkurses genutzt wurde, publiziert und öffentlich als Fälschung entlarvt.
Nach Angaben von WikiLeaks werden dort eingestellte Dokumente durch Investigativjournalisten untersucht. Dies beinhalte die Prüfung auf Authentizität, »Mittel, Motiv und Gelegenheit« wie auch das Vermerken etwaiger Verdachtsmomente gegen die Authentizität eines Dokuments. Bis heute sei diesem Prozess kein Fehler nachgewiesen worden. Die weitere Prüfung der Dokumente erfolge in der Regel durch das Aufgreifen und die Analyse der Dokumente durch die etablierte Presse. Ein Wissenschaftsredaktor der Neuen Zürcher Zeitung kommentierte, dass WikiLeaks mehr Verdunkelung bringe als Licht ins Dunkle. Die publizierten Datenmassen seien voller Belanglosigkeiten, aber würden von Mitteilungen begleitet, welche den Journalisten zu deren »richtiger Interpretation helfen« sollten. WikiLeaks behindere gar die Debatte und die Berichterstattung über wichtige Themen durch diese Überflutung.
Daniel Domscheit-Berg, der selbst zweieinhalb Jahre für WikiLeaks tätig und einer der Sprecher war, kritisierte nach seinem Weggang in Interviews und in seinem Buch Inside WikiLeaks eine hierarchische Struktur mit zu starker Fixierung auf Julian Assange. WikiLeaks trete für Transparenz und demokratische Werte ein, sei aber selber intransparent und nicht demokratisch kontrolliert, was eine Gefahr bedeute. WikiLeaks könne seine eigene Macht noch nicht verwalten.
Die Federation of American Scientists lehnte WikiLeaks’ Einladung, dem Beirat beizutreten, ab und begründete dies wie folgt: »Durch das Fehlen verantwortlicher redaktioneller Kontrolle können Veröffentlichungen sehr einfach zu einem Akt der Aggression oder einer Aufwiegelung zur Gewalt führen, nicht zu erwähnen den Eingriff in die Privatsphäre oder den Angriff auf den guten Geschmack.« Die Federation verweist weiter auf den Unterschied zwischen der unerlaubten Veröffentlichung von vertraulichen Dokumenten eines autoritären Staates und denen eines demokratischen Rechtsstaates. Die Bürger von demokratischen Staaten würden über Grundrechte verfügen, mit denen sie ihre Rechte geltend machen könnten. Ebenfalls wird auf die Gefahr von Missbräuchen hingewiesen, da jedermann anonym ungeprüfte Dokumente veröffentlichen könne.
Die US-Regierung warf WikiLeaks vor, dass durch die Veröffentlichung von Militärdokumenten die Sicherheit der Soldaten gefährdet werde, ohne jedoch konkrete Beispiele zu nennen. Personen, die WikiLeaks geheime militärische Dokumente zugänglich machen, machen sich unter anderem in den USA ggf. des Hochverrats und weiterer Anklagepunkte schuldig. Die Zeit wertete: »Als die Hacker-Organisation Ende 2006 gegründet wurde, sah sie sich als Anwalt der Menschheit. […] Aus der internationalen Mission ist ein Informationskrieg gegen die USA geworden.«
John Young, Gründer von Cryptome, einer seit 1996 bestehenden Webseite mit ähnlicher Zielsetzung wie WikiLeaks, schrieb Ende 2010 einen Nachruf auf WikiLeaks. Bereits 2006 hatte er für das damals neue Projekt die Registrierung der Domains wikileaks.org, wikileaks.cn und wikileaks.info übernommen. Nach einem Streit mit Julian Assange über die Höhe der für WikiLeaks zu sammelnden Spendengelder stieg er dort aus und distanzierte sich seit diesem Zeitpunkt scharf von WikiLeaks. Er kritisierte 2010, Dokumente würden zu langsam veröffentlicht und WikiLeaks sei inzwischen zu sehr auf die Person Julian Assange und auf Medienwirksamkeit zentriert. Den Nutzen der angekündigten Buchveröffentlichungen von Assange und Domscheit-Berg bezweifelte er. Das ursprüngliche Ziel von WikiLeaks treibe währenddessen »tot im Wasser«. Er wirft WikiLeaks vor, nur »eine Geschäftsorganisation« zu sein, »die vorgibt, eine gemeinnützige Organisation zu sein«.
Der Wikipedia-Mitbegründer Jimmy Wales äußerte sich Ende September 2010 kritisch zu den im Juli 2010 von WikiLeaks veröffentlichten Dokumenten zum Krieg in Afghanistan. Er bemängelte, dass WikiLeaks auf die Schwärzung jeglicher Namen verzichtete, darunter auch die von afghanischen Informanten der westlichen Truppen. Damit werde das Leben unschuldiger Menschen riskiert, warf er WikiLeaks vor. Grundsätzlich befürworte er Möglichkeiten, mittels derer Geheimnisträger Fehlverhalten aufdecken könnten. Dies müsse aber mit journalistischer Integrität und Verantwortung einhergehen. Außerdem wünsche er sich eine Namensänderung, da es sich bei der Plattform um kein Wiki handle. Nachdem Assange 2006 bei der Gründung von WikiLeaks eine enge Verbindung des entstehenden Projekts mit Wikipedia geplant hatte, war er bereits damals auf Ablehnung bei Jimmy Wales gestoßen.
Cablegate
Anfang September 2011 veröffentlichte WikiLeaks die vertraulichen Depeschen der US-Botschaften komplett und unredigiert und zog damit die Konsequenz aus einer Panne, die es Außenstehenden ermöglicht hatte, den entschlüsselten und unredigierten Text bei Cryptome online zu stellen. Sowohl dies als auch der Entschluss, die US-Botschaftsdepeschen nun selbst auf einen Schlag zugänglich zu machen, brachte WikiLeaks erneut ins Ziel der Kritik von Regierungen und Journalisten. Vertreter von The Guardian, New York Times, El País, Der Spiegel und Le Monde, mit denen WikiLeaks zuvor bei der Veröffentlichung der Dokumente zusammengearbeitet hatte, protestierten in einer gemeinsamen Erklärung, da sie um die Sicherheit der US-Informanten fürchteten. »Reporter ohne Grenzen« stellten vorerst ihren Spiegelserver ein, da sie »etablierte Standards des Informantenschutzes« nicht mehr gewährleistet sahen. Mit der gleichen Begründung distanzierten sich auch Personen, die den Veröffentlichungen von WikiLeaks bis dahin positiv gegenüberstanden, wie Konstantin von Notz, Wolfgang Gehrcke und der britische Media director von Amnesty International, Mike Blakemore. Der australische Attorney General Robert McClelland wies darauf hin, dass ein Mitarbeiter des australischen Geheimdienstes ASIO namentlich genannt worden sei, was gemäß australischer Gesetzgebung strafbar sei.Assange verteidigte bei einem per Video übertragenen Vortrag auf der Berliner Medienwoche sein Vorgehen. Die unredigierten Botschaftsdepeschen seien ohnehin bereits in Umlauf gewesen, WikiLeaks hätte mit der Veröffentlichung also niemanden mehr zusätzlich gefährdet. Die Informanten der US-amerikanischen Diplomaten hätten Zeit gehabt, sich auf die Veröffentlichung vorzubereiten. Trotzdem entstanden schwerwiegende Folgen für einen äthiopischen Journalisten, der sein Land verließ und zwei Generäle aus Simbabwe, die wegen Hochverrats angeklagt wurden.
US-Präsidentschaftswahlen 2016
Debbie Wasserman Schultz musste aus dem Vorsitz des Nominierungsparteitags des Präsidentschaftskandidaten Ende Juli 2016 ausscheiden, nachdem WikiLeaks E-Mails des DNC veröffentlichte, die belegten, dass die Parteiführung Hillary Clinton im Vorwahlverfahren gegenüber Bernie Sanders bevorzugte.
Im Zuge der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten 2016 wurde WikiLeaks vorgeworfen, sich instrumentalisieren zu lassen. WikiLeaks veröffentlichte im Oktober 2016 in mehreren Schüben Dokumente aus dem E-Mail-Account des Wahlkampfleiters der Kandidatin Hillary Clinton, John Podesta. Die Veröffentlichung durch WikiLeaks am 11. Oktober, genau in einem Moment, als auch Clintons Gegenkandidat Donald Trump in der Öffentlichkeit unter starken Druck geriet, wurde von Clintons Team als Versuch der Beeinflussung der Wahl im Auftrag des russischen Präsidenten interpretiert.[205] Trump hatte kurz zuvor öffentlich bei einer Rede gefordert, Russland solle die gehackten Mails veröffentlichen. Präsident Wladimir Putin wies jegliche Verwicklung seines Landes in die Attacken zurück. Im russischen Außenministerium nannte man solche Vorwürfe einen politischen Auftrag Washingtons. Auch Julian Assange wies in mehreren Stellungnahmen die »an Senator McCarthy erinnernden« Vorwürfe einer Zusammenarbeit mit Russland zurück.
Im Rahmen der Ermittlungen des US-Sonderermittlers Robert Mueller für die Aufklärung der russischen Einflussnahme auf die Wahl kam heraus, dass es eine Korrespondenz zwischen WikiLeaks und dem vermutlich russischen Hacker »Guccifer 2.0« gegeben habe, mit dem Ziel die Wahlen zum Schaden von Clinton zu beeinflussen. In dem Schriftverkehr hat WikiLeaks direkt nach belastenden Material über Clinton angefragt und dessen Veröffentlichung absichtlich für eine größtmögliche Wirkung auf den Wahlkampf ausgemacht. Im selben Zeitraum wurde auch bekannt, dass es gezielte Absprachen und Kontakte zwischen WikiLeaks und Donald Trump Jr. – Sohn von Präsidentschaftskandidat Donald Trump – bezüglich des Vorgehens im Wahlkampf gab. Des Weiteren wird Assange vorgeworfen, ähnliches Material von einem Hack gegen die Republikaner – Donald Trumps eigener Partei – absichtlich zurückgehalten zu haben. Assange dementierte, im Besitz derartigen Materials zu sein. Eine Zivilklage des Demokratischen Nationalkomitees (DNC) gegen Russland, Trumps Wahlkampforganisation und auch WikiLeaks sowie Assange wurde am 30. Juli 2019 abgewiesen. Russland als vermeintlicher Hauptakteur kann in den USA nicht zivil verklagt werden – und die Aktionen von WikiLeaks sowie Assange sind zivilrechtlich durch den Ersten Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten geschützt.
Sonstiges
Am 3. März 2013 wurde von einer Gruppe rund um Julian Assange die in Australien agierende Partei The WikiLeaks Party gegründet.
Das Wort Wikileaks sowie das Logo sind, wie sein eigener Name auch, auf Julian Assange eingetragene Marken.
Auszeichnungen
2008, The Economist's Index on Censorship Award
2009, Amnesty International UK, New Media Award
2009, Auszeichnung des Prix Ars Electronica in der Kategorie Digital Communities
2010. Sam Adams Award für das Zugänglichmachen von US-Militärdokumenten zum Irak- und Afghanistankrieg
2011, Walkley Award in der Kategorie Outstanding Contribution to Journalism
Der norwegische Parlamentsabgeordnete Snorre Valen schlug WikiLeaks offiziell beim Nobelinstitut als Kandidat für den Friedensnobelpreis 2011 vor. Zur Begründung sagte der Abgeordnete der Sosialistisk Venstreparti, WikiLeaks sei »einer der wichtigsten Beiträge dieses Jahrhunderts zu Meinungsfreiheit und Transparenz«.
Filme
2013 drehte Regisseur Alex Gibney den Dokumentarfilm »We Steal Secrets: Die WikiLeaks Geschichte«, der sich mit Assange und der Geschichte von WikiLeaks auseinandersetzt.
Im Oktober 2013 ist der Spielfilm »Inside Wikileaks – die fünfte Gewalt« des Regisseurs Bill Condon erschienen, in dem Benedict Cumberbatch die Rolle des Julian Assange und Daniel Brühl die des Daniel Domscheit-Berg spielt. Der Film entstand nach einem Drehbuch von Josh Singer und basiert in Teilen auf Domscheit-Bergs Buch »Inside WikiLeaks: Meine Zeit bei der gefährlichsten Website der Welt«.
Quelle: Wikipedia