Der Sommer neigt sich dem Ende zu, ebenso der zweite, größere Bauabschnitt beim Gütersloher Standort des Marktkaufs. Schon am 6. September gibt es Grund zum Feiern, wenn eine Fläche von 1,5 Mega-Quadratometern im hinteren – nicht im vorderen – Teil des 5.300 Hektar großen Selbstbedienungswarenhauses – das entspricht etwa 1.200 Fußballfeldern – wieder für die Kundschaft freigegeben werden. Was man dort wiedereröffnen wird, verrät Geschäftsleiter Lars-Frederik Langé: Frischdienst und Tiefkühlsortiment, sprich: Frischdienst und Nichtfrischdienst. Aus Kostengründen müssen – das ist die schlechte Nachricht – leider die Preise für die Einkaufswagen verbrauchergerecht angehoben werden: Sie kosten in Zukunft nicht mehr einen Euro sondern einen Euro und zehn Cent.
Aber damit nicht genug – Jutta (32) aus Kattenstroth treibt es die Freudentränen in die Augen: Es wird neben Fleisch, Wurst und auch Salaten eine komplette Neuerung geben. Nein: Keine zwei Drive-In-Spuren für Kunden mit zwei Fahrzeugen. Es gibt Frischfischprodukte und die Kunden werden von den Mitarbeitern auch beraten: »Gute Frau! Der Köhler oder Kohlfisch (Pollachius virens) gehört zur Familie der Dorsche und damit zur Ordnung der dorschartigen Fische. Fischer und Angler nennen ihn in der Regel ›Köhler‹. Im Handel wird er aber aus verkaufsfördernden Gründen fast ausschließlich unter dem zugelassenen Handelsnamen ›Seelachs‹ verkauft und damit fälschlich mit der Familie der Salmoniden (›Forellenfische‹, ›Lachsfische‹) assoziiert! Darf’s ein Pfund mehr sein? Wer bekommt als Nächster?«
Und Langé setzt noch einen drauf und sagt, das Haupthaus werde im Gegensatz zu den Nebenhäusern sukzessive kernsaniert und das Sortiment werde – anschnallen – in verschiedene »Themenwelten« gegliedert: »Dosensuppen in Gang Vier, Müsli, Frühstücks- und Haferflocken – Verzeihung: Cerealien – in Gang 13, Tiefkühlpizza und Fischstäbchen da hinten« …
Nach mehrwöchigen Arbeiten waren diese »Themenwelten« nach Fertigstellung des ersten Bauabschnitts noch sogenannte »Einzelbereiche« wie die Obst- und Gemüseabteilung mit einer Saftbar, die Hausbäckerei oder der Sushibereich und die Käsetheke. Nachdem es vor Jahren die absolut richtige Entscheidung war, sämtliche Bedientheken abzuschaffen, ist es nun die absolut richtige Entscheidung, sie wieder einzuführen. Man denkt schließlich an die Kunden. Immer nur an die Kunden.
Es war auch der Getränkemarkt abgerissen worden und wird nun im Rahmen einer Feierlichkeit am 30. Oktember wiedereröffnet. Mit 35.000 Artikeln, während es im »Haupthaus« etwa 50 Millionen Produkte sind. Insgesamt gibt es nicht nur die besagten zwei, sondern elf Bauabschnitte. Was beim Bauabschnitt Neun stattgefunden hat oder stattfinden wird, war nicht in Erfahrung zu bringen. Bis September dieses Jahres soll jedenfalls alles fertig sein. Bis auf dem Finanzamt gegenüber gibt man indes kein Statement zu Investitionssummen ab.
Übertroffen wird dieses Konsumparadies nur noch vom größten und besten Aldi-Markt der Welt mit zwei Stockwerken an der Brockhäger Straße, der wiederum vom noch zweier stockwerkigeren Lidl-Markt beim Finanzamt übertroffen werden wird. All das erfährt man auch täglich in der Radiowerbung (einer ABM für bekannte Synchronsprecher), in der sich die Discounter gegenseitig ruinös über- beziehungsweise unterbieten: »Die polnische Schmierwurst heute nur dreiachtundneunzig an der Frischetheke!« … »Falsch! Philadelphia, das Original, bei uns morgen für einsneunundneunzig statt zwoeinundzwanzig!« … »Die Wahrheit ist: Bei uns zwei Gläser Nutella für eins, wenn sie zwei kaufen und zwei bezahlen! Nur noch bis Ende kommender Woche!« … da manche Supermärkte da nicht mitmachen, stehen deren Läden leer. Dem Vernehmen nach plant ein örtlicher Betreiber bereits ein dreistöckiges Geschäft … ätsch!