»Wer will, findet Wege, wer nicht will, findet Gründe« …
Rationalisierung
Rationalisierung oder Rationalisation (abgeleitet von lateinisch »ratio«: »Berechnung«, »Rechenschaft«, »Rechnung«, »Vernunft«) ist in der Psychologie einen Vorgang, bei dem für ein Verhalten verstandesmäßige Gründe angeführt werden, während andere »unvernünftige Gründe« für das Verhalten verborgen bleiben. Dies geschieht nicht nur gegenüber Dritten, sondern vor allem auch im Sinne einer »inneren Ausrede.«
Rationalisierung ist ein allgemeines menschliches Verhalten, welches nicht per se als Störung aufzufassen ist, es spielt aber auch in neurotischen und psychotischen Vorgängen eine Rolle.
Im Sinne der kognitiven Psychologie nach Leon Festinger reduzieren Rationalisierungen kognitive Dissonanzen und helfen der Person, ein stringentes Selbstbild aufrechtzuerhalten. Sie dienen der nachträglichen Selbstbestätigung von getroffenen Entscheidungen sowie der übergreifenden Selbstrechtfertigung.
Beispiel: Ein Schüler, der schlechte Noten bekommt und dadurch in eine Kognitive Dissonanz zu seinem Selbstbild gerät, könnte diese durch eine Veränderung seines Verhaltens auflösen, indem er mehr lernt. Stattdessen kann er sich selbst und anderen gegenüber die Rationalisierungen vorbringen, dass Noten sowieso nichts über die Intelligenz oder den späteren Erfolg aussagten und Beispiele von erfolgreichen Menschen anführen, die schlecht in der Schule waren.
Der Begriff wurde von Ernest Jones in die Psychoanalyse eingeführt und als ein alltäglicher Vorgang beschrieben, bei dem scheinbar rationale Erklärungen für Handlungen oder Erlebensweisen gegeben werden, die auf gefühlsmäßige, unbewusst bleibende Beweggründe zurückzuführen seien. Die Rationalisierung liefert eine Rechtfertigung des eigenen Verhaltens, anstatt sich mit den echten bedrohlichen, unbewussten Handlungsmotiven auseinanderzusetzen. Anna Freud führte aus, dass die Rationalisierung der Selbsttäuschung über innere Vorgänge diene, sie stehe damit im Gegensatz zu den dennoch gleichzeitig ausgebildeten Fähigkeiten zur korrekten Wahrnehmung und zur Realitätsprüfung. Der Begriff wurde innerhalb der Psychoanalyse vielfach aufgegriffen, wobei allerdings Uneinigkeit darüber besteht, ob es sich um einen Abwehrmechanismus handelt oder nicht.
Rationalisierungen finden freilich nicht nur im Nachhinein statt sondern auch vor oder während eines irrationalen Verhaltens. Und auch nicht nur bei Einzelnen, sondern auch bei einer »psychologischen Masse« im Sinne Le Bons.