Berlin (ots) Wenige Wochen nach dem offiziellen Abzug der letzten Bundeswehrsoldaten aus Afghanistan ist die nördliche Provinzhauptstadt Kunduz laut übereinstimmenden Medienberichten von den militant-islamistischen Taliban eingenommen worden. Dazu erklärt der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt:
»Der Vormarsch der Taliban in Afghanistan ist eine bittere Konsequenz aus der Entscheidung, die internationale militärische Hilfe in Afghanistan im Sommer einzustellen. Den Boden für diese Entscheidung hatte Präsident Trump bereitet. Für US-Präsident Joe Biden und die übrigen westlichen Partner der RSM-Mission war diese Entscheidung schwer zu revidieren. Der Fall vom Kunduz ist für Deutschland besonders schmerzlich. Deutsche Soldatinnen und Soldaten haben hier zehn Jahre an der Seite ihrer afghanischen Kameraden erfolgreich gegen die Taliban Widerstand geleistet. Mit dem Abzug der RSM-Truppen kippte die fragile Machtbalance zugunsten der Islamisten.
Die demokratisch gewählte afghanische Regierung hat es in den vergangenen 20 Jahren nicht vermocht, die Lage im Land entscheidend zu stabilisieren und mit den Taliban einen Frieden zu erreichen. Die Gespräche zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban in Doha müssen nun mit höherem Druck auch des Westens endlich vorangebracht werden. Den Taliban wie der afghanischen Regierung muss klar sein, dass die Wirtschaftshilfen und damit der Wohlstand im Lande vom Fortschritt des Friedensprozesses abhängt. Der internationale Finanzstrom ist der wichtigste verbleibende Hebel, um Druck auf die afghanischen Konfliktparteien auszuüben.
Angesichts des Vormarschs der Taliban müssen Deutschland und die westlichen Partner prüfen, wie sich die Sicherheitslage für die zivilen Aufbauhelfer im Lande darstellt. Notfalls müssen rechtzeitig Konsequenzen gezogen werden. Was die Binnenvertriebenen in Afghanistan angeht, sollten Deutschland und Europa zur weiteren Unterstützung der UN und der Nachbarstaaten bereit sein.
Auch der Druck auf Pakistan muss erhöht werden. Dieses Land war jahrzehntelang ein Rückzugsort für die Taliban. Die fragile Lage in Afghanistan hat wesentlich damit zu tun, dass Pakistan nie am Friedensprozess mitgewirkt hat. Auch Pakistan muss wissen, dass wir mehr Kooperation erwarten.«
Hintergrund
Die CDU/CSU-Fraktion ist die größte Fraktion im Deutschen Bundestag. Sie repräsentiert im Parlament die Volksparteien der Mitte und fühlt sich Freiheit, Zusammenhalt und Eigenverantwortung verpflichtet. Auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes setzt sich die Unionsfraktion für einen starken freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat, die soziale und ökologische Marktwirtschaft, die Einbindung in die westliche Wertegemeinschaft sowie für die Einigung Europas ein. Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag ist Ralph Brinkhaus.