Zum Ende des zweiten Quartals 2021 ist die wirtschaftliche Erholung in vollem Gange; insbesondere viele Dienstleistungsbereiche konnten ihre wirtschaftliche Aktivität wieder aufnehmen. Sie sehen sich fortschreitenden Lockerungen der Pandemie-Eindämmungsmaßnahmen gegenüber. Dämpfend wirken sich die in einzelnen Bereichen des Produzierenden Gewerbes vorherrschenden Lieferengpässe für Vorprodukte aus, die jedoch die positive Grunddynamik der Gesamtkonjunktur nicht beeinträchtigen.
Die Produktion in der Industrie erlitt im Mai erneut einen leichten Dämpfer, vor allem aufgrund von Versorgungsengpässen bei Halbleitern in der Automobilindustrie. Der Ausblick für die Industriekonjunktur insgesamt bleibt aber positiv angesichts der weiterhin guten Auftragslage und der optimistischen Stimmung in den Unternehmen. Im Baugewerbe hat sich die Produktion auf hohem Niveau stabilisiert.
Im Einzelhandel haben sich die Umsätze im Mai wieder erhöht und der Ausblick für die kommenden Monate ist in Anbetracht des aktuell günstigeren Pandemieverlaufs positiv. Die Inflationsrate hat sich zuletzt im Juni leicht verringert, war aber zuvor seit Jahresbeginn aufgrund von Sonderfaktoren (Rohstoffpreise, Kohlendioxyd-Bepreisung) deutlich gestiegen. In der zweiten Jahreshälfte ist aufgrund eines Basiseffektes wegen der temporären Senkung der Umsatzsteuersätze ein Jahr zuvor mit Raten von drei Prozent oder darüber zu rechnen. Nach Auslaufen der Sondereffekte sollte sich die Inflationsrate aber zu Beginn des Jahres 2022 wieder deutlich verringern.
Am Arbeitsmarkt zeigte sich eine umfassende Besserung. Die Arbeitslosigkeit ging im Juni saisonbereinigt kräftig zurück und die Erwerbstätigkeit nahm im Mai saisonbereinigt erneut zu. Die Kurzarbeit hat sich im April weiter verringert, die Anzeigen für Kurzarbeit deuten auf ein weiteres Sinken hin.
Der Anstieg der eröffneten Regelinsolvenzverfahren zu Jahresbeginn setzte sich nicht weiter fort. Im April und Mai kam es zu einem deutlichen Rückgang. Im Juni haben sich die eröffneten Regelinsolvenzverfahren auf Vormonatsniveau stabilisiert. Angesichts des wirtschaftlichen Einbruchs im letzten Jahr dürfte für das Jahr 2021 insgesamt jedoch mit einem Anstieg der Unternehmensinsolvenzen zu rechnen sein.
Die wirtschaftliche Erholung ist in vollem Gange: In den Dienstleistungsbereichen hat das Geschäftsklima seinen Aufwärtstrend der letzten Monate fortgesetzt und übertraf im Juni erstmals das Vorkrisenniveau. Auch in der Industrie hat sich die Stimmung weiter verbessert, wenngleich Lieferengpässe bei Vorprodukten für leichte Dämpfer bei den Erwartungen sorgen. Insgesamt ist die deutsche Wirtschaft auf Erholungskurs.
In der bisher sehr robusten Industrie kann es allerdings in einzelnen Branchen zu einer schwächeren Entwicklung kommen, die auch über die kommenden Monate anhalten dürfte. Die seit längerem bekannte Materialknappheit etwa bei Halbleitervorprodukten manifestiert sich nun in entsprechenden Produktionsrückgängen, vor allem in der gewichtigen Automobilindustrie. Die Gründe für die zuletzt wieder rückläufige Produktion liegen somit aber nach wie vor auf der Angebotsseite und nicht in einer schwachen Nachfrage. Dies belegen auch die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe, die im Mai zwar insgesamt rückläufig waren, aber durch eine Korrektur der in den vergangenen Monaten rasant gestiegenen Auslandsnachfrage getrieben waren. Die Auftragseingänge aus dem Inland hingegen stiegen weiter an und belegen eine robuste Nachfrage im Inland. Auch die Stimmung unter den deutschen Exporteuren ist weiterhin sehr gut, ihre Erwartungen haben sich im Juni von hohem Niveau aus noch einmal deutlich verbessert. Die deutschen Warenausfuhren legten im Mai mittlerweile im dreizehnten Monat in Folge zu und liegen seit März über ihrem Vorkrisenniveau (durchschnittlicher Wert im vierten Quartal 2019). Ähnlich verhält es sich mit der globalen Industrieproduktion und dem Welthandel, die erneut jeweilige Höchststande oberhalb des Vorkrisenniveaus erreichten.
Der im vergangenen Monat begonnene Neustart im Dienstleistungssektor setzt sich fort und führte zu einer weiteren deutlichen Verbesserung des Geschäftsklimas in nahezu allen Einzelbereichen. Die Umsätze im Einzelhandel legten im Mai deutlich zu und das GfK Konsumklima stieg im Juni auf den höchsten Stand seit August 2020. Vor dem Hintergrund der positiven pandemischen Entwicklung wird für Juli eine weitere Besserung erwartet. Diese Entwicklungen werden auch auf dem Arbeitsmarkt von positiven Signalen begleitet. Hier ist ebenfalls mit einer Fortsetzung der Erholung zu rechnen. Nach dem BIP-Rückgang im ersten Quartal dürfte die insgesamt günstige konjunkturelle Lage im zweiten Quartal wieder zu einem spürbarem Wachstum geführt haben, das sich in der zweiten Jahreshälfte erst einmal weiter verstärken dürfte. Die bisher noch nicht abschließend geklärte Gefahr aufkommender neuer Virusmutationen und ihr Einfluss auf das Infektionsgeschehen stellen hierbei allerdings die größte Unwägbarkeit für den weiteren Verlauf der wirtschaftlichen Entwicklung dar.
Die Weltkonjunktur befindet sich weiter auf Erholungskurs. Die globale Industrieproduktion stieg wie schon im März im April um 0,2 Prozent gegenüber dem Vormonat. Das Welthandelsvolumen liegt bereits wieder über dem Vorkrisenniveau und legte im April um 0,5 Prozent weiter zu. Die Stimmungsindikatoren zeichnen ebenfalls ein positives Bild der weltwirtschaftlichen Lage. Der zusammengesetzte Einkaufsmanagerindex von J. P. Morgan/IHS Markit sank im Juni um 1,9 Punkte auf 56,6 Punkte. Vorher hatte er jedoch vier Monate in Folge Zuwächse verzeichnet. Er bewegt sich nach wie vor merklich oberhalb der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Der aktuelle Dämpfer dürfte im Industriebereich durch die anhaltende Knappheit von Vorleistungsgütern geprägt sein. Im Dienstleistungsbereich hat womöglich die zunehmende Verbreitung der ansteckenderen Delta-Variante des Coronavirus für einen Stimmungsdämpfer gesorgt.
Der deutsche Außenhandel legt nach der Krise weiter zu. Der Wert der Waren- und Dienstleistungsexporte stieg im Mai gegenüber dem Vormonat saisonbereinigt und nominal leicht um 0,3 Prozent an (April: plus 0,6 Prozent, aufwärts revidiert). Im Zweimonatsvergleich ergab sich ein deutlicher Zuwachs von 1,7 Prozent bei den Exporten. Die Importe steigerten sich im Mai kräftig um plus 3,1 Prozent, nachdem sie im April noch um minus 1,1 Prozent (ebenfalls aufwärts revidiert) gefallen waren. Im Zweimonatsvergleich kam es zu einem Plus von 3,3 Prozent.
In den Frühindikatoren zur deutschen Außenwirtschaft spiegelt sich der dynamische Welthandel nur zum Teil wider. Die Auftragseingänge aus dem Ausland verzeichneten im Mai gegenüber April einen deutlichen Rückgang (minus 6,7 Prozent). Demgegenüber verbesserten sich die ifo Exporterwartungen für das Verarbeitende Gewerbe im Juni deutlich. Die Unternehmen zeigen sich so zuversichtlich wie zuletzt im Jahr 2011. Damit bleibt der Ausblick für den deutschen Außenhandel positiv, vor allem angesichts der guten Konjunktur wichtiger Absatzmärkte in Asien und den Vereinigten Staaten.
Die Produktion im Produzierenden Gewerbe hat sich im Mai gegenüber dem Vormonat erneut um 0,3 Prozent verringert. Die Herstellung in der Industrie sank leicht um 0,5 Prozent, nach einer Abnahme um 0,4 Prozent im April und einer Zunahme um 0,8 Prozent im März. Die Produktion im Baugewerbe hingegen verzeichnete zuletzt ein Plus von 1,3 Prozent und stabilisierte sich damit auf hohem Niveau.
Im Zweimonatsvergleich April/Mai gegenüber Februar/März erhöhte sich die Produktion im Produzierenden Gewerbe leicht um 0,6 Prozent. Während der Ausstoß in der Industrie geringfügig um 0,2 Prozent abnahm, kam es im Baugewerbe aufgrund des witterungsbedingt schwachen Februars im Zweimonatsvergleich zu einer Ausweitung um 3,1 Prozent. Innerhalb der Industrie verzeichnete der gewichtige Bereich Kfz/Kfz-Teile einen deutlichen Rückgang um 6,9 Prozent. Der ähnlich gewichtige Maschinenbau legte dagegen um 2,4 Prozent zu.
Damit ist es zum ersten Mal in diesem Jahr zu einem Rückgang gekommen. Ausschlaggebend war eine schwächere Auslandsnachfrage (minus 6,7 Prozent). Vor allem die Ordereingänge aus dem Nicht-Euroraum verringerten sich (minus 9,3 Prozent) und hier vorrangig im Kfz-Bereich (minus 14,4 Prozent). Diese Entwicklung ist als Normalisierung zu sehen gegenüber den außerordentlich hohen Steigerungsraten im April (Nicht-Euroraum: plus 4,0 Prozent; darunter: Kfz plus 10,6 Prozent). Aus dem Inland gingen 0,9 Prozent mehr Bestellungen ein.
Der Ausblick für die Industriekonjunktur insgesamt bleibt positiv, auch wenn es zuletzt bei der Industrieproduktion vor allem aufgrund von Lieferengpässen bei Halbleitern in der Automobilindustrie erneut zu einem kleinen Dämpfer gekommen ist. Das ifo Geschäftsklima im Verarbeitenden Gewerbe verbesserte sich zuletzt spürbar und erreichte den höchsten Stand seit April 2018. Auch die Stimmung unter den deutschen Exporteuren legte spürbar zu und lag auf dem höchsten Niveau seit Januar 2011. Die Auftragseingänge sind zwar im Mai deutlich gefallen, sie befanden sich jedoch aufgrund der kontinuierlichen Zuwächse in den Monaten zuvor immer noch auf hohem Niveau.
Die Umsätze im Einzelhandel ohne Kfz legten zuletzt wieder zu. Sie sind im Mai gegenüber dem Vormonat um 4,2 Prozent gestiegen, nachdem sie sich zuvor um 6,8 Prozent verringert hatten. Der positive Vormonatsvergleich dürfte maßgeblich vom besseren Pandemieverlauf und den damit einhergehenden Lockerungen geprägt worden sein. Das Niveau vom Februar 2020, dem letzten Monat vor der Corona-Krise, wurde zuletzt um 3,9 Prozent überschritten. Ein deutliches Umsatzplus von 6,7 Prozent gegenüber dem Vormonat verzeichnete zuletzt der Einzelhandel mit Nicht-Lebensmitteln. Beim Handel mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren belief sich der Zuwachs auf 72,1 Prozent und im Internet- und Versandhandel auf 5,7 Prozent. Die Neuzulassungen von Pkw durch private Halter nahmen im Juni erneut leicht zu (plus 2,1 Prozent). Von den hohen Verkaufszahlen des zweiten Halbjahres 2020, als die Umsatzsteuersätze vorübergehend gesenkt worden waren, sind die Zulassungszahlen einerseits immer noch deutlich entfernt, aber andererseits liegen die Neuzulassungen auch spürbar über dem Niveau zum Tiefpunkt der Krise im April 2020.
Die ifo Geschäftserwartungen im Einzelhandel fielen im Juni per Saldo wieder leicht positiv aus, nachdem sie zuvor nahezu ausgeglichen waren. Das GfK Konsumklima verzeichnet den höchsten Wert seit August letzten Jahres, angesichts der immer umfangreicheren Lockerungen sowie der Fortschritte beim Impfen wird für Juli eine weitere deutliche Verbesserung erwartet.
Das Verbraucherpreisniveau nahm im Juni gegenüber dem Vormonat um 0,4 Prozent zu, nach einer Steigerungsrate von 0,5 Prozent im Mai. Die Inflationsrate, die Preisniveauentwicklung gegenüber dem Vorjahr, lag im Juni bei 2,3 Prozent (Mai: plus 2,5 Prozent). Auch wenn die Inflationsrate zuletzt etwas gefallen ist, hat sie seit Jahresanfang deutlich angezogen. Im zweiten Halbjahr 2020 hatte sie aufgrund der Senkung der Umsatzsteuersätze fast durchweg im negativen Bereich gelegen. Gründe für den Anstieg der Inflationsrate in den ersten Monaten des Jahres sind die Erholung der Import- und Rohstoffpreise sowie die Einführung der Kohlendioxyd-Bepreisung für die Bereich Verkehr und Gebäudeheizung. Während die Energiepreise im letzten Jahr noch den Auftrieb des Verbraucherpreisniveaus stark bremsten, tragen sie inzwischen spürbar zum Anstieg bei. In der zweiten Jahreshälfte dürfte sich die Inflationsrate noch auf drei Prozent oder darüber erhöhen, weil es aufgrund der temporären Senkung der Umsatzsteuersätze im zweiten Halbjahr 2020 zu einem Basiseffekt kommt. Nach Auslaufen dieser Sondereffekte wird sich Auftrieb des Verbraucherpreisniveaus zum Jahreswechsel ins kommende Jahr – gemessen am Vorjahresvergleich – wieder abschwächen. Eine nachhaltige Erhöhung der Teuerungsrate ist aus heutiger Sicht nicht zu erwarten, denn aktuell sind keine Anzeichen einer Lohn-Preis-Spirale zu beobachten, die zu dauerhaft hoher Inflation führen kann. Die Kerninflationsrate (ohne Energie und Nahrungsmittel) verringerte sich im Juni ebenfalls leicht auf plus 1,7 Prozent (Mai: plus 1,9 Prozent). Der Preisauftrieb bei Energie gegenüber dem Vorjahr war mit plus 9,4 Prozent zuletzt zwar immer noch deutlich, aber nicht mehr ganz so stark wie im Mai.
Der Arbeitsmarkt zeigt eine umfassende Besserung, die Aussichten für die kommenden Monaten sind sehr positiv. Mit den schrittweisen Lockerungen der Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus lässt der Arbeitsmarkt die dritte Pandemiewelle zunehmend hinter sich. Die Arbeitslosigkeit und die Unterbeschäftigung nahmen im Juni saisonbereinigt kräftig um 38.000 Personen bzw. 47.000 Personen ab. Nach den Ursprungszahlen sank die Arbeitslosigkeit spürbar um 73.000 auf 2,61 Personen. Der Vorjahresabstand belief sich auf minus 239.000 Personen. Die Erwerbstätigkeit nahm im Mai saisonbereinigt erneut leicht um 10.000 Personen zu und lag damit wieder über Vorjahresniveau (rund plus 48.000 Personen). Die Nachfrage nach Arbeitskräften hat sich im Juni weiter belebt. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung stieg im April saisonbereinigt nur leicht um 4.000 Personen an, während in den beiden Vormonaten merkliche Zuwächse zu verzeichnen waren. In Kurzarbeit waren im April laut Hochrechnung 2,3 Millionen Personen und damit spürbar weniger als im März (2,7 Millionen Personen). Die Anzeigen für Kurzarbeit (rund 59.000 vom 1. bis 24. Juni 2021 nach 112.000 im Mai) deuten auf ein weiteres Zurückfahren der Kurzarbeit hin. Die umfragebasierten Frühindikatoren von IAB und ifo entwickelten sich im Juni erneut sehr positiv und erreichten ihre höchsten Werte seit Oktober 2018 beziehungsweise seit Aufzeichnung. In der Industrie hat die Einstellungsbereitschaft seit Mai 2020 kontinuierlich zugenommen und im Dienstleistungsbereich abermals einen Sprung nach oben vollzogen. Der Handel zeigt sich vorsichtig optimistisch und im Bau ist weiterhin ein leicht positiver Trend bei der Einstellungsbereitschaft zu verzeichnen.
Im Juni hat sich die Anzahl der Insolvenzen auf Vormonatsniveau stabilisiert. Auf Basis von Insolvenzbekanntmachungen meldete das Statistische Bundesamt für Juni einen minimalen Anstieg von 0,4 Prozent gegenüber dem Vormonat. Im April und Mai hatte es zuvor Rückgänge von 17 Prozent und sieben Prozent gegeben. Die meisten Experten rechnen im Vergleich zum Vorjahr bisher mit einem eher moderaten Anstieg von 3.000 bis 7.000 zusätzlichen Unternehmensinsolvenzen. Die Entwicklung im ersten Halbjahr spricht bisher ebenfalls gegen einen merklichen Anstieg der Firmenpleiten. Eine Insolvenzwelle zeichnet sich weiterhin nicht ab.