Je intelligenter Menschen sind, desto eher sind sie bereit, sich auf Neues einzulassen. Konservative und religiöse Menschen haben dem Psychologen Satoshi Kanazawa zufolge hingegen einen geringeren Intelligenzquotienten. Sie glauben, man könne das Phänomen evolutionsbiologisch erklären.
In der Politik gehört es zum Tagesgeschäft, den Gegner als naiv, einfältig und dumm zu verunglimpfen. Eine neue Studie des Psychologen Satoshi Kanazawa könnte Linke und Liberale in dem Glauben bestärken, dass sie tatsächlich intelligenter seien als Konservative. Intelligente Menschen tendieren laut Kazawa eher dazu, soziale Werte sowie politische und religiöse Überzeugungen zu vertreten, die in der menschlichen Evolution neu sind. Das Bewahren alter Werte ist hingegen Sache der Konservativen, die weniger intelligent sein sollen.
Der Forscher von der London School of Economics and Political Science hat gemeinsam mit Kollegen eine Befragung von 14.000 US-amerikanischen Jugendlichen aus den Jahren 2001 und 2002 ausgewertet. Es ging darin auch um die eigene Religiosität. Die Befragten konnten wählen zwischen »Ã¼berhaupt nicht religiös«, »leicht religiös«, »gemäßigt religiös« und »sehr religiös«. Die Nichtreligiösen hatten mit 103 den höchsten Intelligenzquotienten, die Strenggläubigen kamen auf einen mittleren IQ von 97, ein minimaler, aber nachweisbarer Unterschied. Ein IQ von 100 entspricht der durchschnittlichen Intelligenz der gesamten Bevölkerung.
In der »National Longitudinal Study of Adolescent Health« wurde auch nach der politischen Ãœberzeugung der Jugendlichen gefragt. Diejenigen, die sich als »very liberal« einstuften, was im Deutschen einer linken und linksliberalen Haltung entspricht, erreichten einen IQ von 106. Wer sich als »sehr konservativ« charakterisierte, hatte hingegen nur einen IQ von 95, schreiben die Forscher im Fachblatt »Social Psychology Quarterly«.
»Intelligenz hat unseren Vorfahren Vorteile gebracht, wenn es darum ging, neu auftauchende Probleme zu lösen, für deren Bewältigung noch keine Strategie existierte«, so Satoshi Kanazawa. Intelligentere Menschen würden derartige Situationen deshalb eher erkennen und verstehen. Das gelte auch dann, wenn es darum gehe, bei Werten und Lebensstil umzudenken. Ein höherer IQ ermögliche es, neue Wege zu gehen, die nicht mit Werten und Ãœberzeugungen übereinstimmten, die sich im Laufe der Evolution herausgebildet hätten.
Konservative würden sich vor allem um ihre Familie und Freunde kümmern, während Linke und Liberale auch ein Herz für fremde, ihnen genetisch nicht nahestehende Personen hätten, so der Londoner Wissenschaftler. Dies sei in der Evolution eine neue Entwicklung.
Kanazawa ist ein überzeugter Verfechter der sogenannten »Savanna-IQ Interaction Hypothese«. Demnach wagen sich intelligentere Menschen viel eher an neue Aufgaben. Ein Beleg für diese Hypothese sind nach Meinung des Psychologen nachtaktive Menschen: Unsere Vorfahren hatten kein künstliches Licht und schliefen deshalb während der Dunkelheit. Im Industriezeitalter gibt es aber immer mehr Menschen, die bevorzugt nachts arbeiten. Diese haben, so eine Studie von Kanazawa vpm 2009, einen erhöhten Intelligenzquotienten. »Nachteulen« hätten einen neuen Weg in der Evolution eingeschlagen.
Konsequenterweise hält Satoshi Kanazawa auch den »treuen Ehemann« für intelligenter und für eine neue Richtung in der Evolution. Männer hätten in der Entwicklungsgeschichte immer einen leichten Hang zur Polygamie gehabt, Frauen seien hingegen von Anfang an auf einen Mann fokussiert gewesen. Monogam zu leben, sei für Männer relativ neu, für Frauen nicht. Den Zusammenhang von hoher Intelligenz und Treue bei Männern sollen auch die Daten der »National Longitudinal Study of Adolescent Health« belegen.
Kanazawas Aussagen decken sich mit früheren Studien über die negative Korrelation von Intelligenz und Religiosität. Erste Untersuchungen zu diesem Thema sind fast hundert Jahre alt. In fast allen Studien stellten Forscher fest, dass religiöse Menschen einen geringeren IQ haben. Zuletzt hatte Richard Lynn von der nordirischen University of Ulster die negative Korrelation in einem Vergleich von 137 Ländern der Erde nachgewiesen.
Linke und Linksliberale sollten jedoch bedenken, dass ihre offenbar leicht erhöhte Intelligenz auch unangenehme Nebenwirkungen haben kann: Sie gehen unzufriedener durchs Leben und verdienen weniger Geld als Konservative.
Letztlich zeigt sich jedoch, dass noch intelligentere Menschen, also hochintelligente Menschen, dann doch wieder auch konservative Standpunkte vertreten. Denn sie wissen dann, welche konservativen Standpunkte sinnvoll sind und welche nicht.