Die Zahl der Pushbacks an den europäischen Außengrenzen in Griechenland ist seit 2017 kontinuierlich gestiegen. Trotz intensiver Medienberichterstattung und internationaler Kritik an den Zurückweisungen von Geflüchteten ist kein Ende dieser illegalen Praxis absehbar, im Gegenteil: Pushbacks werden inzwischen systematisch durchgeführt, und kritische Positionen der griechischen Zivilgesellschaft, die sich gegen diese Praxis aussprechen, werden diskreditiert. Das zeigt die neueste Ausgabe des Lesbos Bulletin des Griechische Flüchtlingsrats und Oxfam. Die Organisationen fordern nationale unabhängige Überwachungsmechanismen zur Untersuchung möglicher Verstöße gegen Grundrechte.
Griechische Behörde sind in Dutzenden von Fällen bei Pushbacks auf ähnliche Weise vorgegangen und haben Geflüchtete kurz nach ihrer Ankunft wieder in die Türkei zurückgeschickt. Der griechische Ombudsmann hat dies jüngst bestätigt und spricht von einem „wiederkehrenden Muster" bei Pushbacks, sowohl an der griechischen Landgrenze in Evros als auch auf den ägäischen Inseln.
Eine Augenzeugin, die vor politischer Verfolgung aus ihrem Heimatland nach Griechenland geflohen war, berichtet, wie griechische Behörden sie zusammen mit circa 150 anderen Geflüchteten aus Ländern wie Syrien und Afghanistan in die Türkei zurückgeschoben wurden. Laut internationalem, europäischem und griechischem Recht muss jeder Mensch einen Zugang zu einem fairen Asylverfahren haben und darf niemals ohne eine individuelle Prüfung seines Rechtsanspruchs in ein anderes Land zurückgeschickt werden.
Raphael Shilhav, Migrationsexperte bei Oxfam, sagt: »Trotz des zunehmenden nationalen und internationalen Druckes macht Griechenland mit Pushbacks weiter wie gewohnt, und die EU sieht tatenlos dabei zu. Bei der aktuellen Reform des gemeinsamen Europäischen Asylsystems muss deswegen darauf geachtet werden, dass alle Mitgliedstaaten verbindlich einen unabhängigen Ãœberprüfungsmechanismus einrichten, mit dem Pushbacks untersucht werden können. Diese Mechanismen müssen unabhängig sein, einen gesetzlichen Auftrag zur Untersuchung von Beweisen haben sowie finanziell angemessen ausgestattet und robust genug sein, um volle Rechenschaftspflicht zu gewährleisten, wenn es zu Rechtsverletzungen kommt.«
Vasilis Papastergiou, Rechtsexperte vom griechischen Flüchtlingsrat, sagt: »Jüngste Berichte von nationalen und internationalen Gremien werfen ein Licht auf das, was wir aus unserer Arbeit vor Ort in Griechenland bereits wussten. Diese Berichte sind immer willkommen, aber sie zeigen in erster Linie die Notwendigkeit einer unabhängigen Ermittlungsbehörde, die die Situation täglich überwachen kann.«
Unabhängige Überwachungsmechanismen sind im aktuellen Vorschlag der Europäischen Kommission zum künftigen Migrations- und Asylpakt der EU vorgesehen, werden aber von einigen Mitgliedsstaaten abgelehnt.