In jedem Geschäft eine neue Plastiktüte, um darin die gekaufte Ware nach Hause zu tragen? Diese Zeiten sind vorbei. Das Bewusstsein für nachhaltiges Konsumverhalten und Mehrweg-Materialien ist allgemein gewachsen. Und auch die Gesetzgebung ändert sich. Weltweit haben bereits 61 Länder die umweltschädlichen Einwegtüten abgeschafft. In Deutschland sind Plastiktragetaschen seit 2016 kostenpflichtig, ihr Verbrauch ist seitdem um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Immer noch werden aber 18 Plastiktüten pro Kopf und Jahr beim Einkaufen benutzt – macht 1,5 Milliarden Stück. Ab Januar 2022 ist die Ausgabe im Einzelhandel verboten. Sind nun Papiertüten und Stoffbeutel grundsätzlich die umweltschonende Alternative? Ganz so einfach ist es nicht, wie Umweltberaterin Marion Grages vom Fachbereich Umweltschutz der Stadt Gütersloh erklärt. »Auch wenn die Papiertüte so ›natürlich braun‹ daherkommt, besteht sie doch in aller Regel aus frischen Holzfasern. Diese Tüte müsste – ökologisch betrachtet – mindestens dreimal genutzt werden, um einer erdölbasierten normalen Plastiktasche ebenbürtig zu sein. Wird sie nur einmal verwendet, ist eine mehrfach benutzte Plastiktüte umweltfreundlicher«, erläutert Grages. Besser sieht die Bilanz aus, wenn zu 100 Prozent Altpapier bei der Herstellung der Papiertragetasche verwendet wird. Sicheres Kennzeichen ist hier das Siegel des Blauen Engels, auf das Einzelhandel und Kundschaft achten sollten. Und was ist mit Baumwollbeuteln? »Auch hier ist die Herstellung sehr energie- und rohstoffintensiv«, schränkt Marion Grages ein. Ein Baumwollbeutel muss etwa 30-mal zum Einsatz kommen, wenn er der Plastiktüte ökologisch überlegen sein soll. Biobaumwolle allerdings schneidet besser ab. Wie bei vielen Menschen haben sich auch bei Marion Grages zuhause über die Jahre etliche Baumwollbeutel angesammelt. »Für eine gute Ökobilanz gilt es nun, sie auch tatsächlich zu verwenden«, betont sie. Ganz und gar nicht »öko« sind die »Bio-Beutel«, die angeblich aus »biologisch abbaubaren« und kompostierbaren Kunststoffen hergestellt werden. Grages: »In einer gesamtökologischen Betrachtung haben sie oft noch negativere Umweltauswirkungen als erdölbasierte Plastiktüten.« Sie bestehen aus einem Materialmix aus Stärke und Kunststoff, verkompostieren sich nicht vollständig und müssen darum im Kompostwerk als Störstoff aussortiert werden. Darum dürfen sie auch nicht in die Komposttonne gegeben werden, anders als der Name vermuten lässt. Wer seine Einkäufe umweltfreundlich transportieren will, dem empfiehlt Marion Grages erstens, bereits im Haushalt vorhandene Körbe, Beutel und Rucksäcke konsequent zu benutzen, und zweitens, auf Taschen und andere Behältnisse zu setzen, die vollständig aus recyceltem Material bestehen. »Erfreulicherweise wächst dieser Markt inzwischen. So werden zum Beispiel Rucksäcke aus alten Planen oder gebrauchtem Segeltuch oder Taschen aus wiederverwerteten Plastikflaschen angeboten.« Ein Beispiel ist das »Gütsel-Täschken«: 2016 brachte der Fachbereich Umweltschutz unter der Federführung von Marion Grages den Mehrwegbeutel gemeinsam mit dem Stadtmarketing und der Werbegemeinschaft Gütersloh in Gütersloh auf den Markt. Er besteht zu 100 Prozent aus recycelten PET-Flaschen und passt, weil klein zusammenfaltbar, in jede Handtasche. Matthias Borner, Gütersloher und Autor von Sprachführern mit Lokalkolorit wie »Pölter, Plörre und Pinöckel«, übernahm das Projekt schließlich von der Stadt. 11.000 »Täschken« sind bereits verkauft worden. Im Gütersloher Einzelhandel sind noch Exemplare bei Foto Schorcht, Schreibwaren Wittenstein und beim Stadtmarketing erhältlich.