Um den 15. Mai 2021 herum beginnt der alljährliche »Urlaub« der »Kinder Überraschungseier«. Je nach den Temperaturen in Deutschland dauert die Sommerpause ungefähr bis Mitte oder Ende August – erst dann sind die »Ü-Eier« wieder in den Geschäften erhältlich.
Grund für die Sommerpause ist, dass durch die Schokoladenhülle um die gelbe Plastikverpackung im Inneren der »Ü-Eier« die Gefahr des Schmelzens der Schokolade besteht. Das Ei besteht aus 20 Gramm Schokolade in Form einer zweilagigen Hülle, außen braun, innen weiß. Im Inneren des Eies befindet sich in einer meist gelben Plastikverpackung eine Gimmick-Figur oder ein kleiner Bausatz. Einige der Figuren aus den Überraschungseiern sind bei Sammlern begehrt.
In den wärmsten Monaten des Jahres werden die Überraschungseier daher vom Produkt »Kinder Joy« vertreten – einem Produkt, das aus einer Schokoladencreme und einem Spielzeug besteht. »Kinder Joy« wurde erstmals in Italien eingeführt, wo der Sommer länger und heißer als in Deutschland ist. Ziel war es, die Einnahmen in den Sommermonaten nicht einbrechen zu lassen und einen Ersatz zu »Kinder Überraschung« zu schaffen.
In Deutschland wurde »Kinder Joy« als Ersatz in der Sommerpause erstmals im Jahr 2006 eingeführt. »Kinder Überraschung« gibt es in Deutschland seit 1974. Ganz zu Anfang fanden sich Inhalte darin, ähnlich denen aus den bekannten Kaugummiautomaten. Alsbald fand das Produktmanagement zu eigenen Produktlinien mit Unterstützung durch die vier externen Designer der ersten Stunde, Bermes, Koch, Havranek & Roth.
Von dem Designer Peter Bermes, der in 20 Jahren mehr als 250 Steckspielzeuge für Ferrero entwarf, stammt zum Beispiel der Drache »Drachobert«, der heute zu den teuersten Sammlerobjekten gehört. Das Markenzeichen des Überraschungseis, der rotweiße Eiermann »Üi«, entstand 1981 und ist nicht nur in Deutschland bekannt. Er sieht wie das Original aus und hatte Mitte der 1980er-Jahre noch weiße Zähne, die Kunden zum Kauf des Produkts bewegen sollten. Da anfänglich der Barcode auf den Eiern schlecht zu lesen war, stand der »Ü-Ei-Mann« an jeder Kasse mit dem entsprechenden Code auf der Fußsohle.
Es gab schon vor 1981 ein Werbemaskottchen des Überraschungseis, das die Überraschungen anpries. Das Maskottchen stellte einen spielenden Jungen mit blauer Arbeitshose und grün-weißem T-Shirt dar. Diese Figur kam um etwa 1986 als Steckfigur (Satz bestehend aus vier Figuren) ins Überraschungsei.
Die mit »Kinder Überraschung« erwirtschafteten Umsätze stiegen vom Geschäftsjahr 1993/94 bis zum Geschäftsjahr 1997/98 von 115 Millionen Mark auf mehr als 370 Millionen Mark. Seit 2006 werden die Überraschungseier im Sommer vom Produkt Kinder Joy »vertreten«. Trotzdem sind in manchen Verkaufsstellen auch im Sommer noch Restposten an Überraschungseiern zu kaufen.
Des Weiteren gab es die größeren Maxi-Eier von Ferrero, die der Kinder Überraschung ähnelten. Zu Ostern und Weihnachten sind spezielle Sonderpackungen mit vier und sechs Überraschungseiern in Deutschland erhältlich. Außerdem gibt es Dreierpackungen und zwei Adventskalender, die ebenfalls Sonderfiguren enthalten. 2012 wurde ein rosafarbenes Überraschungsei speziell für Mädchen in den Handel gebracht.
Am 29. Dezember 2016 starb William Salice, der Schöpfer des Überraschungseis, 83-jährig in Pavia. Er arbeitete von 1960 bis 2007 für Ferrero und war enger Mitarbeiter von Michele Ferrero, dem Gründer des Süßwarenproduzenten Ferrero, und als Produktentwickler auch für weitere Produkte wie Mon Chéri, Ferrero Rocher und Nutella verantwortlich. Vor allem die in den »Ü-Eiern« enthaltenen Figuren haben häufig einen hohen Sammlerwert. Weltweit werden von Ferrero in Überraschungseiern rund 20 neue Figurenserien herausgebracht.
Erstmals wurde 1983 eine Sonderserie zu den Schlümpfen veröffentlicht. Jedes Jahr gibt es außerdem rund 150 verschiedene zusammenbaubare Spielzeuge in den Eiern. Es gibt regelmäßig Verkaufsbörsen für »Ü-Ei«-Figuren und Wertkataloge, die jährlich erscheinen.
Die Sommerpause für die Überraschungseier kann somit ideal für eine aktualisierte Bestandsaufnahme genutzt werden. Durch Schütteln, Wiegen und Horchen, bei ausländischen Überraschungseiern auch durch Vergleichen der Nummern an den Seiten, versuchen Sammler bereits vor dem Kauf auf den Inhalt des Eis zu schließen.
Wegen der teilweise hohen Preissteigerungen vor allem bei den älteren Figuren (zum Beispiel »Hüpfschlumpfinchen«) gibt es seit einigen Jahren Fälschungen von Zubehör zu Figuren und sogar ganzen Figuren. Auch Beipackzettel und Puzzles werden gefälscht und vertrieben. Gefälscht werden längst nicht mehr nur ältere Figuren, auch neuere Figuren wie beispielsweise die Sonderedition der Figur »Dark Laser« werden übermalt.
Ähnlich wie bei Briefmarken gibt es bei den Überraschungseiern Preiskataloge, die jährlich aktualisiert werden, um Sammlern eine grobe Orientierung zu geben, wie viel ihre Figur tatsächlich wert ist. Allerdings gilt dieser Wert nur als grober Richtwert. Der realistische Marktpreis liegt je nach Alter der Figur in etwa bei 30 bis 60 Prozent des Katalogpreises und wird in der Regel frei ausgehandelt. Die weltweit größte Börse findet viermal jährlich in Dreieich statt. Daneben gibt es viele kleinere Börsen, beispielsweise in Hamburg, Berlin, Hamm, Oberhausen, Klein-Gerau und Regensburg.
Jährlich erscheint der »O-EI-A Preisführer«, der seit 2012 einzige Wertkatalog für Überraschungsei-Figuren.