Mainz (ots) Es ist ein weiterer Skandal zum Thema Plastikrecycling, den die Süddeutsche Zeitung Anfang dieser Woche aufgedeckt hat: Statt vermehrt Altplastik aus der Quelle Gelber Sack zu nutzen, nimmt der Import von billigem »Recyclat« aus Asien immer weiter zu – ohne überprüfen zu können, ob es sich dabei tatsächlich um recyceltes Material handelt. »Vieles davon könnte gefälscht sein«, zitiert die SZ Antonello Ciotti, Direktor von Equipolymers, einem der größten PET-Hersteller in der EU. Sein Fazit: »Beim Einkaufen könnten die Verbraucher Opfer von Greenwashing werden.« Reinhard Schneider, Inhaber des Mainzer Reinigungsmittelherstellers Werner & Mertz, bekräftigt diese Aussage im Artikel: »Die Gefahr, dass Verbraucher irregeführt werden, ist hier sehr groß. Es ist wie bei der Geldwäsche, die Herkunft des PET ist nicht transparent. Sie lässt sich im Handumdrehen verschleiern.« Falsch deklariertes Recyclat führt Recyclingquoten ad absurdum Doch nicht nur stellen falsche Deklarationen ein massives Problem für Verbraucherinnen und Verbraucher beim täglichen Einkauf dar, für die Hersteller von recyceltem PET in Europa ist die Billigware aus Asien ebenfalls ein großes Problem - durch den massiven Preiskampf geraten letztendlich sämtliche Bemühungen zur Förderung und Erhöhung der Recyclingquote in Europa in Gefahr. "Illegales Umdeklarieren ist einfach und günstig, qualitativ hochwertiges Recycling jedoch eine Herausforderung und mitunter kostenintensiv", bringt es Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe im Artikel auf den Punkt. Advanced Mechanical Recycling aus dem Gelben Sack ist möglich Werner & Mertz setzt sich bereits seit 2012 im Rahmen der "Recyclat-Initiative" mit Kooperationspartnern entlang der gesamten Wertschöpfungskette für hochwertiges mechanisches Recycling aus der Quelle Gelber Sack ein und zeigt immer wieder, dass es technologisch gesehen sehr wohl möglich ist, gleichwertige Verpackungen aus sogenanntem Post-Consumer-Recyclat herzustellen: Seit 2014 bestehen die PET-Flaschen der bekannten Marke Frosch aus 100% PCR, davon 20% aus der Quelle Gelber Sack. Die restlichen 80% stammen aus der europäischen Getränkeflaschensammlung (Bottle to Bottle). Über 450 Millionen solcher Flaschen sind bislang in den Handel gekommen. Nun konnte das Unternehmen vor Kurzen einen weiteren Recycling-Erfolg vermelden: Zusammen mit Kooperationspartner ALPLA ist es gelungen, den Anteil an Recyclat aus dem Gelben Sack auf 50% zu erhöhen! Doch die höheren Kosten für Recyclat aus dem Gelben Sack im Vergleich zu Neuware zu zahlen, dazu ist außer Werner & Mertz kaum ein Unternehmen bereit. Stattdessen wird oft reines Greenwashing betrieben, wie der SZ-Artikel aufzeigt. Weiterer Konfliktpunkt: chemisches Recycling Neben der Herkunft des vermeintlichen Recyclats führt SZ-Redakteur Michael Kläsgen als weiteres Problem die Art des Recyclingverfahrens an: Immer mehr Unternehmen, darunter die BASF, praktizieren vermehrt sogenanntes chemisches Recycling, das - so Werner & Mertz-Inhaber Schneider im Artikel - "eher eine Unterart der Verbrennung ist, die sehr viel Energie verbraucht und unterm Strich eine negative Ökobilanz aufweist." Mehrere europäische Umweltverbände haben deshalb in einer gemeinsamen Studie davor gewarnt, dieses Verfahren als umweltschonend einzustufen. Forderung nach finanziellen Anreizen und lückenlosen Gesetzen Für das Herstellerunternehmen Werner & Mertz gibt es deshalb gleich mehrere Stellschrauben, die dringend nachjustiert werden müssten: Zum einen fordert Werner & Mertz, dass von Seiten des Gesetzgebers finanzielle Anreize für den Einsatz von PCR geschaffen werden, um der Vermüllung unseres Planeten wirksam entgegentreten zu können sowie einen klimaschonenden Plastikkreislauf zu erreichen. Werner & Mertz setzt sich für die Schaffung eines Fonds ein, in den alle Inverkehrbringer einzahlen müssen und nur diejenigen, die Post Consumer Recyclat aus Europa einsetzen, erhalten eine Rückzahlung. So könnte dem Preiskampf Abhilfe geschaffen werden. Zum anderen bedarf es lückenloser Gesetze, die ganz klar definieren, was als Recyclat gelten darf und was nicht. Werner & Mertz setzt sich dafür ein, dass in der Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ganz klar geregelt wird, dass nur mechanisch aufbereitetes Altplastik aus Endverbraucher-Sammlungen als Recyclat verstanden wird. Verbraucher haben nur wenige Möglichkeiten zur Überprüfung Unabhängige Siegel, auf die sich Verbraucherinnen und Verbraucher verlassen können, gibt es leider nur sehr wenige. Schneider empfiehlt im SZ-Artikel unter anderem das RAL-Gütezeichen "%-Recycling-Kunststoff", das angibt, wie viel Recyclat tatsächlich aus dem Gelben Sack stammt. Dabei werden alle Prozessstufen - von der Sortierung über die Aufbereitung bis hin zum Einsatz der Recyclate in den einzelnen Produkten - dokumentiert und alle Produktionsstandorte überprüft. Außerdem können Verbraucherinnen und Verbraucher den Flaschenhals der Verpackung überprüfen: Ist dieser gräulich verfärbt, weise das auf den Einsatz von Recyclat hin. Zufriedenstellend seien diese Möglichkeiten aber nicht, so das Fazit des Artikels in der Süddeutschen Zeitung. Link zum Artikel in der Süddeutschen Zeitung: https://ots.de/2aayrX