Bielefeld (fhb). Raus aus der Stadt, über Landstraßen, vorbei an Wiesen und Feldern: Und dann ist sie da, die »gute« Landluft. Am Güllegeruch erkennen alle schnell, dass sie sich in der Nähe von Landwirtschaft und Viehzucht befinden. Die Gülle, die aus den Hinterlassenschaften von Schweinen, Kühen und Hühnern besteht, dient in der Landwirtschaft als beliebter Dünger. Doch das birgt ein bekanntes Problem: Durch Überdüngung gelangt zu viel Nitrat in unser Grundwasser. Forschende der Fachhochschule (FH) Bielefeld entwickeln nun einen Dünger, der genau dieser Problematik begegnet, indem er den Pflanzen nach Bedarf die benötigten Nährstoffe gibt. Gefördert wird das Projekt mit knapp einer halben Million Euro durch die Europäische Innovationspartnerschaft »Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit«, gut 168.000 Euro hiervon gehen an die FH Bielefeld. Prof. Dr. Anant Patel, Dr. Désirée Jakobs-Schönwandt und ihr Doktorand Yi Qu vom Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Mathematik arbeiten für das Forschungsprojekt mit zwei Unternehmen aus Niedersachsen, der Firma Piccoplant Mikrovermehrung GmbH und dem Osnabrücker Start-up SeedForward GmbH, zusammen. »Ziel des smarten Düngemittels wird es sein, die Düngemenge zu reduzieren und die Nährstoffe dann angepasst an das Pflanzwachstum abzugeben«, erläutert Projektleiter Prof. Patel. »Auf diese Weise wird wesentlich gezielter gedüngt. Das spart Ressourcen und schont zugleich die Umwelt, da nicht wie etwa bei der Düngung mit Gülle alle Nährstoffe auf einmal auf die Pflanzen gegeben werden«, so Patel. Auch in Bielefeld und OWL liegen stellenweise die Nitratgehalte im Trinkwasser über dem Grenzwert. »Mit diesem smarten Düngemittel tragen wir so auch zur besseren Trinkwasserqualität bei.« Damit diese gezielte Nährstoffabgabe aus dem Düngegranulat funktioniert, müssen nun die Forschenden im Labor neue biologisch abbaubare Materialien und Herstellungsverfahren finden. Für das Forschungsprojekt wird das Granulat beispielhaft auf die Nährstoffbedürfnisse der Heidelbeerpflanze abgestimmt. »Als Grundlage dienen etwa Roh- und Reststoffe aus der Agrarindustrie. Außerdem prüfen wir, welche organischen Düngemittel in dem Granulat Verwendung finden«, beschreibt Jakobs-Schönwandt. Denkbar sind Stoffe wie Hornmehl, Federmehl oder Fischemulsionen. »Beachten müssen wir, welche Stoffe überhaupt für die ökologische Landwirtschaft von der EU zugelassen sind«, betont Jakobs-Schönwandt, die gemeinsam mit ihren Kollegen auch erste Anwendungstests im Gewächshaus vor Ort und Lagerversuche vornehmen wird. Das in Bielefeld formulierte Granulat wird dann in einem nächsten Schritt an Heidelbeerkulturen bei der Firma piccoplant getestet. Aufgabe der Firma SeedForward wird es sein, eine massentaugliche Produktion und Vermarktungsstrategie des Granulats zu entwickeln. Zwar wird in dem dreijährigen Forschungsprojekt der organische Dünger zunächst auf die Bedürfnisse der Heidelbeerpflanze zugeschnitten, »doch wir sammeln hier materialwissenschaftliche Erkenntnisse, die grundsätzlich für smarte Düngemittel gelten und so auch bei anderen Pflanzen Verwendungen finden werden«, so Prof. Patel.