Gütersloh/WLV (Re) Rund 53 Liter trinkt der Bundesbürger im Jahr, dazu kommen noch die verschiedensten Verarbeitungsprodukte. Die Rede ist von der Milch. Einmal im Jahr ist ihr ein besonderer Tag gewidmet: Am 1. Juni wird jährlich in vielen Ländern der Erde der »Internationale Tag der Milch« gefeiert. Wie sieht die Situation der heimischen Milchkuhhalter nach den Krisen der vergangenen Jahre aus? »Obwohl sich die Milchpreise etwas erholt haben, ist nach wie vor Luft nach oben«, schildert der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Gütersloh Andreas Westermeyer. »Da wir jedoch bei den Milchprodukten eine gute Nachfrage haben, hoffen wir auf weiter anziehende Preise«, ist der Vorsitzende optimistisch. Das sei auch notwendig. Die Landwirte bräuchten zum Überleben ihrer Höfe langfristig vernünftige Preise. In den letzten Jahren sei allerdings kaum eine auch nur annährend angemessene Entlohnung der Arbeit erfolgt.
»So sinkt leider die Zahl der Milchkuhhalter in unserer Region, wie im gesamten Bundesgebiet, kontinuierlich«, sagt Westermeyer. Höfe würden aufgeben, obwohl der Milchpreis aktuell nicht am Boden läge. Dieser Schritt sei aber letztendlich Entwicklung und Folge der vergangenen zehn bis 15 Jahre: den Milchkrisen und dem immerwährenden Preisdruck des Lebensmitteleinzelhandels geschuldet. Der Handel diktiere zudem ständig neue Erzeugerkriterien, wolle dafür allerdings kaum mehr bezahlen. Der Verbraucher suche günstige Lebensmittel. Die immer wieder angespannte Situation der Bauernfamilien mit ganz tiefen und lang anhaltenden Preistälern, dazu nur kurzfristigen Phasen mit auskömmlichen oder höheren Preisen und die hohe Arbeitsbelastung gerade im Milchviehbereich – dies alles seien Gründe, die Milchkuhhalter dann irgendwann zur Aufgabe zwingen. »Trotz langem Atem und gutem Willen vieler Bauernfamilien geht dann doch die Luft aus«, schildert der Vorsitzende. »Dieser Schritt ist für die betroffenen Bauernfamilien ein schwerer, unsere Milchviehhalter sind mit viel Herzblut dabei. Bevor die Kühe den Stall für immer verlassen, hat es meistens viele schlaflose Nächte gegeben«, unterstreicht Westermeyer. »Für unsere Milchkuhbauern gehören die Kühe zum Leben.« Jeden Tag, auch an den Feiertagen, Ostern, Weihnachten versorgen sie die Tiere. Sie füttern, melken und schauen, ob alles in Ordnung ist. So sei es selbstverständlich, die Familienfeier oder den Heiligabend zu unterbrechen, wenn einer Kuh bei der Geburt ihres Kalbes geholfen werden müsse oder sonst etwas mit den Tieren sei, um das man sich kümmern müsse.
Bäuerliche Familienbetriebe seien gesellschaftlich und politisch erwünscht, doch gerade ihnen werde von allen Seiten das Überleben schwer gemacht. »Hochwertige, regionale Lebensmittel haben und müssen ihren Preis haben«, fordert Westermeyer, mehr noch: »Wir müssen uns als Gesellschaft fragen, welche Landwirtschaft wollen wir? Wenn wir zu lange warten, ist es zu spät.«
Schüler auf die Höfe
Selbstverständlich ist das Wissen rund um die Herkunft von Milch, Joghurt und Co. für viele Kinder heute nicht mehr. Deshalb ruft der Landwirtschaftliche Kreisverband Gütersloh zum »Tag der Milch« Schulkassen zur Bauernhoferkundung auf. »Wir möchten Schüler aller Altersgruppen und Schultypen auf unsere Höfe einladen. Kinder und Jugendliche können dort mit allen Sinnen Natur, Umwelt und den Ursprung ihrer Nahrungsmittel erleben«, erklärt Westermeyer. Die Zeit bis zu den Sommerferien könne gut genutzt werden, um Bauernhöfe zu besuchen und das Klassenzimmer mit dem Bauernhof zu tauschen, sagt der Vorsitzende. Im Rahmen des Projekts »Lernort Bauernhof« sei die Hofbesichtigung grundsätzlich kostenlos. Pädagogen, die Interesse am »Lernort Bauernhof« haben, können sich beim Landwirtschaftlichen Kreisverband Gütersloh Tel. 05241-74 335 10 melden. Informationen beispielsweise zur Milch und zu Hofbesuchen gibt es im Internet unter www.bauernhof.net. Dort sind auch die Höfe, die in der Region ihre Tore für Schulklassen öffnen, zu finden.
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Neue Studie zeigt Trendwende:
Landwirtschaft hat im Unterricht große Bedeutung
Nach einer aktuellen Lehrplan- und Schulbuchanalyse der Universität Vechta haben die Wissenschaftler eine Trendwende analysiert: Landwirtschaftliche Themen erfahren inzwischen eine »beispiellose Präsenz in den Curricula«. Die Landwirtschaft werde wie »kaum ein anderes (wirtschaftliches) Thema so umfangreich und kontinuierlich im Unterricht angesprochen«. Diese Feststellung bestätigt die Erkenntnisse anderen wissenschaftlichen Studien, wie die Emnid-Befragung zum »Image der deutschen Landwirtschaft« oder die Studie »Fokus Naturbildung«. Dort wurden immer wieder Wünsche nach mehr landwirtschaftlichen Themen im Unterricht und das Bedürfnis nach realen Erlebnissen in der Natur und auf Bauernhöfen geäußert. Offenbar haben diese Wünsche inzwischen Eingang in die Lehrpläne gefunden, indem beispielsweise dem handlungsorientieren Lernen und der Berufsorientierung in den Curricula größere Beachtung geschenkt werden, so die Experten. Ein Problem bleibe jedoch die inhaltlich korrekte und wertfreie Vermittlung landwirtschaftlicher Sachverhalte.