Auf der Agrarministerkonferenz (AMK) in Münster beraten die Landwirtschaftsminister der Länder und des Bundes am 26. und 27. April einige Tierschutzprobleme in der Landwirtschaft: unter anderem die Haltung von Sauen in Kastenständen und Tiertransporte in Drittstaaten. Aktuell ist auch die Diskussion zur betäubungslosen Ferkelkastration und zu möglichen Alternativen. Der Deutsche Tierschutzbund fordert, am Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration ab 2019 unverändert festzuhalten. Der sogenannte »vierte Weg«, die Kastration mit Lokalanästhesie, darf jedoch keine Alternative sein. Gleichzeitig fordert der Verband mit dem gesetzlichen Ausstieg aus der Kastenstandhaltung eine grundlegende Änderung der Sauenhaltung. Hier könnte die AMK ein deutliches Zeichen Richtung Bundesregierung senden. Darüber hinaus müssen Tiertransporte in Drittstaaten ausgesetzt werden, solange Missstände belegen, dass bei diesen Transporten regelmäßig gegen EU-Recht verstoßen wird und dieses offenkundig weder durchsetzbar noch kontrollierbar ist.
Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration
»Obwohl die schweinehaltende und -vermarktende Branche lange genug Zeit hatte, sich auf das Verbot ab 2019 einzustellen, versucht sie nun, den »vierten Weg«, die Lokalanästhesie, als Alternative zur betäubungslosen Ferkelkastration durchzudrücken«, sagt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. »Eine Methodik, die den Anspruch nach Schmerzausschaltung bei der Kastration jedoch nicht erfüllt und die Tiere zusätzlich belastet, kann und darf keine Alternative sein. Wir appellieren an die politisch Verantwortlichen: Wenden Sie diese Methode ab und verhindern Sie einen Rückschritt im Tierschutz! Das Verbot ab 1.1.2019 muss gelten, wie es beschlossen wurde.« Befürworter des »vierten Weges« argumentieren, dass die Methode in anderen Ländern erfolgreich angewendet wird. »Die Tierschutzorganisationen Djurens Rätt (Schweden) und Norwegian Animal Protection Alliance (Norwegen) teilen jedoch unsere kritische Einschätzung der Lokalanästhesie zur Ferkelkastration. Sie beurteilen sie ebenfalls als nicht tiergerechte Lösung«, zitiert Schröder die Kollegen im Ausland.
Kastenstandhaltung nicht rechtskonform
Das sogenannte »Magdeburger Urteil« und dessen Bestätigung durch das Bundesverwaltungsgericht im November 2016 hatten klar gestellt, dass die gängige Kastenstandhaltung von Sauen im Deckzentrum gegen die Mindestanforderungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung verstößt. »Die Länder sind jetzt in der Pflicht, die vom Bundesverwaltungsgericht bestätigten rechtswidrigen Zustände zu beenden und den Sauen in Kastenständen schnellstmöglich zu helfen«, sagt Thomas Schröder. »Ein weiteres Abwarten und lange Ãœbergangsfristen ohne sofort greifende, flankierende Maßnahmen würden die Sauen dazu verdammen, über Jahre weiter in den rechtswidrigen und zu engen Kastenständen zu leiden.« Der Deutsche Tierschutzbund fordert neben dem Kastenstand-Verbot im Deckzentrum zudem ein Fixierungsverbot für den Abferkelbereich. Für eine tiergerechte Gestaltung der Sauenhaltung sind zudem weitere gesetzliche Verbesserungen notwendig: etwa mehr Platz, strukturierte Buchten und Nestbaumaterial für die Sauen. Auf keinen Fall dürfen die bestehenden tierschutzwidrigen Haltungsbedingungen durch eine Anpassung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung legalisiert werden.
Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, zur Systemfrage in der Schweinehaltung:
»Wenn die Minister über den Kastenstand oder den vierten Weg reden, dann sind das Einzelfragen zu verschiedenen Methoden, hinter denen aber allen stets die Systemfrage steht. Die AMK darf daher nicht mehr ausweichen: Es geht darum, wie die konventionelle Schweinehaltung als Gesamtsystem zukünftig ausgestaltet werden soll - um nicht mehr, aber eben auch nicht um weniger. Viel zu lange haben sich Bund und Länder zu passiv verhalten, wenn es um die Einhaltung von Verordnungen geht. Viel zu oft wurde mit Ausnahmen im Gesetz, mit Lücken im Vollzug oder aber mit einer Abschwächung des Gesetzes reagiert. Mit dieser devoten Agrarpolitik müssen die Bundesministerin Julia Klöckner und die Länder nun endlich Schluss machen - mit klaren Vorgaben, die Tier- und Umweltschutz beachten und die auch den Landwirten Planungssicherheit geben.
Tiertransporte in Drittstaaten
»Wir appellieren an die Mitglieder der AMK, sich für ein sofortiges Ende der grausamen Praxis der Tiertransporte in Drittstaaten und der anschließenden Schlachtung einzusetzen«, so Thomas Schröder. »Das EU-Recht muss über die EU-Grenzen bis zum Bestimmungsort eingehalten werden und genau das ist aktuell nicht gewährleistet und nicht kontrollierbar. Daher sollte derzeit keine Veterinärbehörde in Deutschland und Europa Transporte in Drittstaaten freigeben. Ziel muss sein, keine lebenden Tiere mehr zu exportieren, sondern Tiere immer am nächstgelegenen Schlachthof zu schlachten und dann Fleisch zu transportieren.«