Bauernhöfe in Lettland zu erhalten ist schwierig. Viele kleine Betriebe, wenig Hektar pro Landwirt und mangelnde wirtschaftliche Kenntnisse sind Gründe dafür. Diese Mängel wurden bei einer Delegationsreise von Vertretern des Kreises Gütersloh zusammen mit Ulrich Bultmann von der Landwirtschaftskammer und Landrat Sven-Georg Adenauer im Juni angesprochen. Um Auswege aus diesem Dilemma zu zeigen, organisierte die Landwirtschaftskammer NRW zusammen mit dem Kreis Gütersloh einen Ausflug für die Vertreter der lettischen Partnerregion Valmiera. Dieser Programmpunkt war einer von vielen auf der Informationsreise von 20 Vertretern aus Politik und Verwaltung der lettischen Partnerregion. Fünf Vertreter der Politik und Verwaltung aus den Partnergemeinden Beverina und Burtnieki ließen sich die Möglichkeiten der Direktvermarktung auf drei Höfen im südlichen Kreis Warendorf zeigen. Sechs Personen von Kreis und Landwirtschaftskammer begleiteten sie. Wider Erwarten schienen die Letten aber mehr höflich als interessiert. Fusionierung von landwirtschaftlichen Betrieben sei ein Ziel in Lettland – das Gegenteil dessen, was gezeigt wurde. Einige Informationen der Landwirte interessierte die Gruppe allerdings schon: Zum Beispiel, wie Markenschutz und Mundpropaganda dabei helfen können, ein Produkt bekannt zu machen. Margit Schulze-Stentrup, Beraterin für Direktvermarktung bei der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen bemühte sich, Fragen zu stellen, die die Letten interessieren könnten. Sie legte den Fokus auf Themen wie Mitarbeiterzahlen und den Werbemöglichkeiten eines landwirtschaftlichen Betriebes.
Auf den drei Betrieben besichtigten die Letten die Produktion und die Hofläden. Die erste Station war der Hof Nienaber in Wadersloh-Liesborn. Direktvermarktung bedeutet für sie, ihr Rübenkraut vor allem an Großbäckereien zu verkaufen. Dass das Rübenkraut sich so gut verkauft, funktioniert durch Mundpropaganda. Ob dies in Lettland, wo viele Menschen vom Land in die Städte fliehen, funktionieren kann, bleibt fraglich.
Der zweite Hof, der Landmarkt Floreana in Wadersloh, präsentierte Direktvermarktung in Form eines großen Ladens, der Äpfel, Marmeladen und mehr verkauft. Leiterin Margit Paschen erklärte den Letten, dass es wichtig sei, dass sich die Produkte von denen im Supermarkt abheben. Sie wies aber auch darauf hin, wie schwierig es sei, sieben Kilometer von der nächsten Stadt entfernt, einen Landmarkt zu betreiben.
Nachdem sich die Letten mit Apfelsaft ausgestattet hatten, fuhr die Gruppe weiter zum Pflaumenhof Stemich in Stromberg. Die ‚Stromberger Pflaume‘ steht unter Markenschutz, der Name ist sogar EU-weit geschützt.
Die Möglichkeit, mit einem Alleinstellungsmerkmal, hier der geschützten Marke, Kunden zu gewinnen und in ein Gebiet zu locken, war die dritte Möglichkeit der Direktvermarktung, die den Besuchern gezeigt wurde. An der Finanzierung von Anbauten und Produktion war die Gruppe besonders interessiert. Andreas Stemich erklärte, dass er in Vollzeit arbeite und seinen Jahresurlaub für die Pflaumenernte nutze. So verdiene er Geld, das in den Hof gesteckt werden kann. Die Möglichkeit, Landwirtschaft als Nebenerwerb zu nutzen, wird den lettischen Verwaltungsvertretern vielleicht als interessantes Modell im Gedächtnis bleiben.
Der Bürgermeister von Beverina, Maris Zvirbulis, betonte, dass er gelernt habe, dass auch ein einzelner Hof, mithilfe der Direktvermarktung bestehen könne. Die kennengelernten Möglichkeiten der Direktvermarktung können den lettischen Verwaltungsmitarbeitern bei der Zusammenarbeit mit den lettischen Landwirten helfen.